Robert Gwisdek als Käptn Peng 2015 (Foto: IMAGO, Gonzales Photo/Iris Edinger)

Käptn Peng feiert Geburtstag

Robert Gwisdek wird 40: Künstlerkind, kreativer Querkopf und kongenialer HipHop-Philosoph

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AUTOR/IN
Franziska Kiedaisch
Franziska Kiedaisch, Autorin und Redakteurin, SWR Kultur (Foto: SWR, Franziska Kiedaisch)

Er ist ein Wortspiel-Meister der Extraklasse, eine so vielschichtige wie beeindruckende Künstler-Persönlichkeit: Robert Gwisdek, auch bekannt unter seinem Musiker-Pseudonym Käptn Peng, feiert am 29. Januar seinen 40. Geburtstag. Grund genug, einen Blick auf das bewegte Leben des kreativen Tausendsassas zu werfen.

Vor mehr als zehn Jahren war da plötzlich dieser Käptn Peng. Aus dem Nichts wie es schien, kursierte auf YouTube ein gleichermaßen kluges wie berührendes Musikvideo, das von zwei Liebenden erzählt, die sich in Füchse verwandeln.

Käptn Peng & Shaban – Sie mögen sich:

Humorvoll verpackte Lebensweisheiten

Wie im Daumenkino wird mit schnellen Schnitten und zu skizzenhaften Bleichstift-Zeichnungen humorvoll und zugleich tiefgründig über trügerische Selbsttäuschung und euphorische Übertreibung, über Schwierigkeiten und Chancen einer jeden Beziehung berichtet. Mit „Sie mögen sich“ treffen Käptn Peng und Shaban den Nerv der Zeit.

Käptn Peng, das ist das Rapper-Alter-Ego von Robert Gwisdek. Sein Halbbruder Johannes Gwisdek sorgt als Shaban für die Beats des HipHop-Tracks.

Er mag jagen, sie mag sammeln
Er mag denken, sie mag handeln
Er mag Walnuss, sie mag Mandeln
Sie beginnen sich in Füchse zu verwandeln

(Aus: Käptn Peng & Shaban: Sie mögen sich)

Ein Kind berühmter Eltern

Heute steht der Name Robert Gwisdek für amüsante Textzeilen, die exzellente Wortspiele und alltagsphilosophische Weisheiten beinhalten. Dabei sah zunächst einmal alles ganz danach aus, als würde er in die Fußstapfen seiner Eltern treten.

Robert Gwisdek wird am 29. Januar 1984 in Ostberlin geboren. Seine Eltern sind keine geringeren als die gleichermaßen bekannten und beliebten Ost-Schauspieler Michael Gwisdek und Corinna Harfouch. Und auch Robert scheint schon als Kind Gefallen daran zu finden, vor der Kamera zu stehen.

Schauspieler Michael Gwisdek mit seinem Sohn Robert anläßlich der Verleihung des Hessischen Film- und Kinopreises am Abend des 16.10.2015 in der Alten Oper Frankfurt (Foto: IMAGO, imago images/STAR-MEDIA)
Große Fußstapfen: Robert Gwisdek ist der Sohn der Schauspieler Michael Gwisdek und Corinna Harfouch. Das Bild zeigt Vater und Sohn anlässlich der Verleihung des Hessischen Film- und Kinopreises im Jahr 2015.

Bereits mit fünf Jahren spielt der kleine Robert an der Seite seiner Eltern und seines vier Jahre älteren Halbbruders Johannes im Regie-Debüt seines Vaters, dem Historienfilm „Treffen in Travers“, einen Dorfjungen.

Mit 15 ist er in „Grüne Wüste“ neben Martina Gedeck und Heino Ferch in der Rolle eines an Krebs erkrankten Jungen zu sehen.

Die Schauspieler Corinna Harfouch und ihr Sohn Robert Gwisdek lesen am 21.03.2015 im Rahmen des internationalen Literaturfestivals Lit.Cologne in Köln (Foto: IMAGO, imago/Horst Galuschka)
Corinna Harfouch und ihr Sohn Robert Gwisdek bei einer Lesung im Rahmen der Lit.Cologne 2015.

Etliche Engagements in Film und Fernsehen folgen, so etwa in „NVA“ von Leander Haußmann oder „Renn, wenn du kannst“ von Dietrich Brüggemann, aber auch beim „Tatort“, in „Neue Vahr Süd“ oder im ARD-Märchenfilm „Die Prinzessin auf der Erbse“.

Märchenfilm „Die Prinzessin auf der Erbse“ in der ARD Mediathek

Nur noch wenige Tage bis zum 70. Geburtstag des Königs. Dann, so ist es festgelegt, wird er die Krone abgeben. Darauf hat seine Schwester lange warten müssen: Endlich will sie aus dem Schatten ihres Bruders heraustreten und die Macht im Königreich übernehmen.

Robert Gwisdek passt nicht in eine Rolle

Dass es nicht die Vorschusslorbeeren gewesen sein können, die ihm den Weg auf die Bühne und vor die Kamera geebnet haben, zeigen etliche Auszeichnungen für Robert Gwisdek.

Schauspieler Richy Müller (li.) und Robert Gwisdek (Bester Nachwuchsdarsteller Günter Strack Fernsehpreis) anlässlich des - Studio Hamburg Nachwuchspreis - in Hamburg, 2008 (Foto: IMAGO, imago/Strussfoto)
Robert Gwisdek erhält 2008 den Günter-Strack-Fernsehpreis als bester Nachwuchsdarsteller. Kollege Richy Müller stand bereits beim Film „Irren ist männlich“ 1996 gemeinsam mit Gwisdek und seiner Mutter, Corinna Harfouch, vor der Kamera.

So erhielt er 2005 noch als Schauspielschüler seinen ersten Darstellerpreis, 2008 bekam er den Günter-Strack-Fernsehpreis für seine Rolle in „Väter, denn sie wissen nicht, was sich tut“ und 2010 zeichnete ihn die Jury des Filmfestivals in Ludwigshafen für seine „Besondere Einzelleistung“ in „Renn, wenn du kannst“ aus.

In jungen Jahren schien es bereits ausgemacht, dass Robert in die Schauspiel-Fußstapfen seiner berühmten Eltern tritt – doch er ging eigene Wege. Heute ist er nicht nur Schauspieler und Musiker, sondern auch Sprecher, Produzent, Regisseur, Autor und Inhaber eines eigenen Labels.

Robert Gwisdek als 16-Jähriger im Jahr 2000 (Foto: IMAGO, IMAGO / Sabine Gudath)
In jungen Jahren tat es Robert Gwisdek seinen berühmten Eltern gleich und stand vielfach vor der Kamera. Doch das reichte ihm nicht, er wollte selbst kreativ werden. 2012 veröffentlichte er als Käptn Peng sein erstes HipHop-Album. Die Aufnahme zeigt Gwisdek als 16-Jährigen im Jahr 2000.

Ein kreativer Tausendsassa

Das bloße Ausfüllen von Rollen, die sich jemand anderes ausgedacht hat, reichte Robert Gwisdek jedenfalls nicht mehr. Er wollte selbst kreativ werden, seine Gedanken zu Papier bringen.

Das begann schon in der Schule, die Robert abbrach, weil er „so ein bisschen zu dumm war“, wie er in der rbb/ARTE-Reihe „Streetphilosophy“ scherzhaft sagt. „Mein Hirn verweigert sich, sich Dinge zu merken, wofür ich keine Leidenschaft entwickle“, merkt er außerdem an.

Robert Gwisdek hat eben seinen ganz eigenen Kopf. Und was dem entspringt, sucht an Wortgewandtheit, an semantischen Zwischenräumen und humorvoll-philosophischem Einlassungen im deutschsprachigen HipHop seinesgleichen.

Käptn Peng & Die Tentakel von Delphi – Der Anfang ist nah:

2012 veröffentlichte Robert, der laut eigenem Bekunden in seiner Jugend nie Rap gehört hat, sein erstes HipHop-Album als Käptn Peng. Gemeinsam mit Johannes Gwisdek alias Shaban produzierte er „Die Zähmung der Hydra“ auf dem eigenen Label „Kreismusik“.

Zwei Alben folgten 2013 und 2017, allerdings in einer erweiterten Zusammensetzung: Zu „Käptn Peng & Die Tentakel von Delphi“ gehören neben Robert (Gesang) und Johannes Gwisdek (Gesang und Schlagwerk) auch Moritz Bossmann (Gitarre), Peter Bartz (Percussion) und Boris Nielsen (Kontrabass).

Käptn Peng & Die Tentakel von Delphi 2015 (Foto: IMAGO, IMAGO / GonzalesPhoto / Iris Edinger)
Eine Band, bei der selbst Koffer oder Backbleche Verwendung finden: „Käptn Peng & Die Tentakel von Delphi“ sind (von links nach rechts): Boris Nielsen (Kontrabass), Johannes Gwisdek aka Shaban (Gesang, Schlagzeug), Robert Gwisdek (Gesang), Moritz Bossmann (Gitarre) und Peter Bartz (Percussion).

Zwei Soundtracks (zu den Filmen „Alki Alki“ und „Die Känguru Verschwörung“), zwei Rammstein-Musikvideos, drei Kurzvideos, etliche Gedichte, ein Kinderbuch (Der Habicht und der Hahn“) und einen Roman („Der unsichtbare Apfel“) später, ist Robert Gwisdek heute nicht mehr in nur einer künstlerischen Schublade zu finden.  

Mit „Curcuit“ veröffentlicht er 2015 einen von der Kritik gelobten Kurzfilm über einen Elektriker, der sich in einer Endlosschleife befindet:

Das Lebensgefühl der Millennials auf den Punkt gebracht

Gwisdek beschreibt in seinen Texten das Lebensgefühl der Generation Y genauso wie die Suche nach dem Sinn des Lebens und nach Glück. Ganz nebenbei erklärt er mit viel Witz, aber auch der gebührenden Ernsthaftigkeit zu handgemachter Musik, bei der unter anderem auch Küchenutensilien als Instrumente dienen, warum der Mensch letztlich immer wieder strauchelt.

Philosophischer Firlefanz, frecher Naseweis-Rap und tiefgründige Textzeilen: Robert Gwisdek kann alles und vereint die Ebenen gekonnt in seiner Kunst.

Liebes Leben,
Manchmal bist du
Wie ein Haufen Scheiße in einer Cornflakespackung
Wie singen müssen auf der eigenen Bestattung
Wie Brockhaus lesen in einer fremden Sprache
Wie Tieftauchen in einer Blutlache
Wie ein Kartenhaus bauen während 100 Stunden Achterbahn
Und dieses dann auf'm Kopf nach Oslo mit 'm Laster fahren
Wie Schlittschuhlaufen mit Kufen aus Butter
Wie Gulasch essen mit sieben Kilo Zucker
Wie eine Lüge, die sich selbst beweist
Wie eine Wahrheit, die sich selbst bescheißt
Wie eine Formel mathematischster Art
Die sich auf halber Strecke mit einem Gefühlsausbruch paart
Die beiden heiraten und vollkommen rätselhaft
Gebären sie ein Kind, das Feuer spuckt und Kekse kackt
Sie nennen es Universum

(Aus: Käptn Peng & Die Tentakel von Delphi: Liebes Leben)

Ein herrlich unperfektes Gesamtkunstwerk

Sein Musiker-Alter-Ego ist herrlich unperfekt, so wie es die ganze Band ist: Es schrammelt und kracht an so mancher Ecke, doch das Ergebnis ist viel mehr als die Gesamtheit seiner einzelnen Bestandteile. Es ist ein Gesamtkunstwerk.

Mein Hirn verweigert sich, sich Dinge zu merken, wofür ich keine Leidenschaft entwickele.

Der Sound mäandert inzwischen irgendwo zwischen beatstarkem HipHop und funkigem Groove, zwischen Dubstep und Weltmusik, kurzum: Er lässt sich so wie Robert Gwisdek beileibe nicht in einem einzigen Genre verorten.

Käptn Peng & Die Tentakel von Delphi im Jahr 2015  (Foto: IMAGO, imago images/Gonzales Photo/Iris Edinger)
Alles selbstgemacht – angefangen bei Sound und Text bis hin zur Produktion: Käptn Peng & Die Tentakel von Delphi machen Musik, die herrlich unperfekt klingt, aber zum Nachdenken anregt und vor allem Spaß macht. Das Bild zeigt eine Aufnahme aus dem Jahr 2015.

Aus Rampensau wird Einsiedlerkrebs

Heute ist es ruhiger geworden um Robert Gwisdek. Der Käptn-Peng-Hype ist inzwischen abgeklungen und die Jungs von damals wurden Väter. „Ich hab so nen richtigen Break gehabt: Ich hab Kinder bekommen, bin auf so ein ganz kleines Dorf gezogen und bin seitdem eine Art Einsiedlerkrebs“, erklärt Gwisdek im Frühjahr 2023 bei radioeins.

Doch das Eremitenleben hat Grenzen. „Eigentlich“, so sagt er im Interview bei radioeins, mache er „ganz viel“, sogar „viel mehr als vorher. Bloß, der einzige Unterschied ist: Ich mach eigentlich nichts mehr mit direktem Publikum. Ich sitze quasi zu Hause und braue mein Süppchen.“

Die Hoffnung bleibt, dass nach der kreativen Einsiedlerkrebs-Auszeit eines Tages auch wieder die Rampensau zu Tage tritt und Robert Gwisdek als Käptn Peng oder in einer seiner vielzähligen anderen künstlerischen Rollen erneut auf der Bühne zu sehen sein wird.

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