Musikalbum

Anschmiegsam und melancholisch: Olli Schulz' „Vom Rand der Zeit“

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Julian Burmeister
Julian Burmeister (Foto: SWR, Christian Koch)

Der Name Olli Schulz dürfte vielen bekannt sein, sei es durch seine charakteristischen Fernsehauftritte oder seine ehemalige Radiosendung mit Jan Böhmermann, die mittlerweile als Podcast weiterlebt. Der Hamburger Liedermacher legt kurz nach seinem 50. Geburtstag auch musikalisch nach: mit seinem neuen Album „Vom Rand der Zeit“.

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Das Album beginnt simpel, und trifft doch sofort den Kern von Schulz' derzeitigem Lebensgefühl: Der Wunsch nach einer Flucht steht immer im Vordergrund. Gepaart mit einem Funken Hoffnung.

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Simpel beginnt das neue Olli-Schulz-Album und bringt somit auch gleich den Geist der Platte auf den Punkt: Das Hier und Jetzt ist unerträglich und es bleibt nur die Flucht in die Wehmut, mit ein klein wenig Hoffnung.

Spontan, tanzbar und lebensfroh, doch immer von Schmerz konterkariert

Schulz‘ Lebensmittelpunkt ist Berlin und so bewegt sich der Exil-Hamburger thematisch wie auch auf den Vorgängeralben immer wieder in der Lifestyle-Bubble von Influencern, Showgeschäft und Selbstvermarktung. Wobei Schulz gnadenlos um das eigene Versagen an diesen Ansprüchen kreist.

Formal kehrt Olli Schulz zum klassischen, akustischen Bandsound seines 2014er-Albums „Feelings aus der Asche“ zurück und auch diese Paul-Simon-eske „Graceland“-Stimmung mit ihrer melancholischen Beliebigkeit ist wieder da. Die Lieder klingen oft spontan, tanzbar und lebensfroh und werden dann doch immer von einem tiefen Schmerz konterkariert.

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Die Geister werden sich an diesem Album scheiden

Und auch wenn Schulz in seinen Liedern immer wieder gekonnt von seiner und anderen verkrachten Existenzen und ihrer unfreiwilligen Komik zu erzählen weiß, werden sich an diesem Punkt die Geister über dieses Album scheiden: Denn manche werden Olli Schulz nicht als wehmütig, sondern vielmehr als wehleidig empfinden und seine Texte als schnörkellose Anfängergedichte. Mit der typischen Hamburgischen Schnoddrigkeit kann eben nicht jeder.

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Deutschpop, der sich nach Revolution sehnt, aber niemandem wehtun möchte

So ist „Vom Rand der Zeit“ vor allem ein Album für Menschen, die sich in ihrer Melancholie von Schulz abgeholt und getröstet fühlen, die einfach jene Worte spüren, die in den Ohren von anderen wie oberflächliche Binsenweisheiten klingen.

Unterm Strich bleibt es Deutschpop der anschmiegsamen Art, der sich nach Revolution sehnt und dabei aber niemandem wehtun möchte.

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