Mut und Unmut gegen Rechts

Mainzer Comedian Sven Hieronymus verklagt Facebook

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AUTOR/IN
Susanne Böhme

Sven Hieronymus ist bekannt für seine witzigen Alltagsgeschichten auf der Comedybühne, doch bei rechten Parolen hört für den Comedian der Spaß auf. Hieronymus nutzt seine Popularität, um Demokratie und Freiheit zu schützen. Dabei schreckt er auch nicht vor einem Rechtsstreit mit Facebook zurück.

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Freiheit ist für Hieronymus nicht selbstverständlich

Sven Hieronymus ist ein Original in der Mainzer Kulturszene:  Mit rheinhessischem Slang, blonder Mähne und vor allem mit Haltung. Die gehört zu seinem Leben wie Rockmusik.

Und ich denke, es wieder an der Zeit – das denk ich schon länger als viele andere – sich ganz klar zu positionieren, weil mir auch klar ist, die Freiheit, in der wir hier leben und die Demokratie, das ist nicht selbstverständlich.

Klare Kante gegen Rechts – auch bei den Auftritten

Hieronymus formuliert seine klare Meinung gegen Rechts nicht nur als Privatmann sondern auch bei seinen Auftritten. Zum Beispiel als Co-Kommentator des Mainzer Rosenmontagszuges im SWR Fernsehen.

Da trug er ein T-Shirt mit der Aufschrift „Nazis raus“. Dieses Statement brachte ihm neben viel Anerkennung auch harsche Kritik in den sozialen Medien ein. Sven Hieronymus wundert sich immer wieder über solche Posts, die viel über die Absender verraten. 

„Wie die AfD, die immer aufspringt, wenn es gegen rechts geht. Und ich denk mir: Ihr sagt doch immer, ihr seid nicht rechts. Warum fühlt ihr euch angegriffen? Da entlarven sie sich selbst.“ so Hieronymus über die Kommentare.

Hieronymus ist sich seiner Privilegien bewusst

Kulturschaffende sind Multiplikatoren. Deshalb empfindet es Sven Hieronymus geradezu als Pflicht, sich für Demokratie und Menschenrechte einzusetzen.

Sven Hieronymus (Foto: IMAGO, imago images/BOBO)
Mittlerweile ist die Kleinkunst Hieronymus' Hauptberuf.

Der studierte Sozialpädagoge kam durch eine Zeitungskolumne zur Bühne.

Mit seinem Comedyprogramm oder als Frontmann der Band „Se Bummtschaks“ ist er eher im leichten Fach unterwegs, schöpft aus Alltagskomik, lässt seine Stadt hochleben, den Rhein, den Wein und den Fußball.

Aber wenn er die Freiheit im Land gefährdet sieht, ist der Spaß für ihn vorbei: „Das dumme Zeug, was ich auf der Bühne mache oder mit den Bummtschaks, das kann ich ja nur, weil ich hier lebe. Das könnt ich nicht in Russland, nicht in Nordkorea und wahrscheinlich mittlerweile noch nicht mal mehr in Ungarn.“

 Kleinkunst und rechte Gesinnung passen für den Mainzer nicht zusammen

Hieronymus ist gut vernetzt in der Kleinkunstszene. Und teilt seine Auffassung mit der Mehrheit der Kollegen: 

„Es gibt zwei, drei Kollegen, die sich während der Pandemie extrem nach rechts entwickelt haben, und die jetzt von den anderen gemieden werden weil wir sagen, dafür stehen wir nicht. Du kannst nicht Kleinkunst machen und rechts sein, das passt irgendwie nicht.“

Hilfe für die Ukraine

„Nicht Reden – Machen!“ ist das Motto des Mainzer Comedians. Und gleichzeitig der Name eines Vereins, der Hilfsgüter für die Ukraine organisiert. Sven Hieronymus hat ihn mit einem Freund gegründet, nachdem er in den ersten Tagen nach dem russischen Überfall einen Warentransport in die Ukraine begleitet hatte.

Seitdem gehen regelmäßig Hilfskonvois von Bodenheim bei Mainz in die Ukraine. Aktivität statt Ohnmacht. Das gilt auch für die verbalen Angriffe, die ihn regelmäßig aus der politisch rechten Ecke erreichen und die seine Familie immer mal wieder in Angst und Schrecken versetzen. Hieronymus will sich aber nicht einschüchtern lassen.

Ich bin vor ein paar Jahren unter Polizeischutz aufgetreten. Das passiert, aber das ist ja genau das, was sie wollen, dich kleinzukriegen. Und ich sag: Nein.

Facebook versus Hieronymus: Mitte März geht es vor Gericht

Wegen einiger Auseinandersetzungen mit Anhängern rechtsradikalen Gedankenguts wurde im vergangenen Jahr Hieronymus' Facebookaccount gelöscht, er geht dagegen gerichtlich vor.

Mitte März wird die Klage gegen die Löschung seines Accounts vor Gericht verhandelt. Hieronymus gegen Facebook. Das klingt ein bisschen wie David gegen Goliath. Aber David alias Sven rechnet sich durchaus Chancen aus: 

„Ich habe niemanden persönlich beleidigt. Ich habe gegen kein Gesetz in Deutschland verstoßen und wurde gesperrt. Natürlich würde ich meinen Account gerne wiederhaben, denn das ist auch ein finanzieller Verlust für mich. Aber mir geht’s eher darum, die mal ein bisschen zu pieksen. Und vor allem diese Aufmerksamkeit zu schaffen. Wir dürfen nicht einem amerikanischen Konzern die Hoheitsrechte der Meinung überlassen. “ so der Mainzer.

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