„Connecting Stories“ Kapitel 3 - Der Körper / Die Macke

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Kapitel drei dreht sich um das Thema Körper. Schäme ich mich für meinen Körper? Wie komme ich mit großen Veränderungen meines Körpers klar? Und wie ist es, wenn plötzlich zwei neue Körper in meinem Leben sind? Diese Fragen stellen sich Julia Kleinbeck, Lucie Langston und Julia Trachsel im dritten Kapitel von Connecting Stories.
Gastkünstlerin: Julia Trachsel

Graphic Essay "Connecting Stories Kapitel 3 - Der Körper - Die Macke" (Foto: ARD Kultur/Lucie Langton, Julia Kleinbeck, Julia Trachsel)
Der Körper / Die Macke III
"Das große Gedächtnis der Scham ist sehr viel klarer und erbarmungsloser als jedes andere. Es ist im Grunde die besondere Gabe der Scham." - (Annie Ernaux, Erinnerung eines Mädchens)
"Erinnerst du Dich an den Moment, in dem Dir Dein Körper zum ersten Mal bewusst wurde?"
Als Kind hat meine Oma das Nudelholz genommen und ist damit über den Bauch gerollt. "Der Speck muss weg" haben wir gemeinsam gekichert.
Es fühlt sich gut an.
Nun ist der Körper Arbeit. Immer.
Wieso sind wir so fasziniert von unserem Äußeren? - Woher diese Obsession?
Mit dem Handy auf Körpererkundungstour.
Ständig. Überall.
Warum wird mein Strich immer schwächer, blasser? Jetzt wo es um das Intimste geht?
Da ist die Macke.
Badezimmer. Schutzraum. Schamraum.
Jedes Mal wenn ich auf dem Klo sitze, halte ich meine Hände unter den Bauch. Kneife ein wenig. Unbewusst
Jedes Mal wenn ich auf dem Klo sitze, halte ich die Luft an, als könnte ich eine Bewegung verpassen. Ich sehe dich.
"Mama, wo bist du jetzt?"
Jetzt, wo ich selbst ein Kind bemuttere.
Es sind zwei. Es sind zwei neue Körper, die jetzt Liebe, Geborgenheit und Fürsorge benötigen.
Ich brauche Dich, so wie Du mich brauchst.
Zwei Körper in ihrer Vulnerabilität gebunden.
"Du bist wunderschön", sagt die Mutter, die ihr Kind gebar.
Doch meine Mutter ist nicht mehr da.
"Ich habe damals nur so viel gegessen, wie Du gebraucht hast. Nach der Schwangerschaft habe ich kein Gramm zugenommen. Ich habe mich toll gefühlt!" erklärte mir meine Mutter.
Heute gibt es für das Bestreben von Frauen zu jeder Zeit sexuell attraktiv zu bleiben andere Worte. Die "Fuckability" halten zum Beispiel.
Oder der Begriff "MILF", also eine "Mom, I'd like to fuck". Das will man sein. Das muss man sein.
Heute sehe ich, wie abhängig meine Mutter von ihrem Körper war, wie abhängig von ihren Männern.
Der Körper als einziges Einflussmittel. Als Sicherheit ein Wertgegenstand.
Und das Kind, das abhängig vom Körper der Mutter ist. Eine Verkettung von Fürsorge, Sorge, Arbeit und Abhängigkeit. Es tut mir leid.
"A cultural fixation on female thinness is not an obsession about female beauty but an obsession about female obedience." (Naomi Wolf, The Beauty Myth)
Welche Zahl definiert heute mein Körpergefühl?
Was ist noch im Normbereich?
Alles was verkörpert wird, wird sichtbar, nimmt Form an. - Viel zu explizit.
Plötzlich wird dir dein Körper bewusst.
Den Platz, den er einnimmt.
Er bindet dich, macht dich sichtbar, hindert dich.
"Wem gehorchst Du?"
Ich mag es, meinen Körper zu vergessen. Ihn als das anzunehmen, was er ist. Notwendig. Nicht mehr und nicht weniger.
(Wie der Gang zur Toilette.)
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AUTOR/IN
SWR