Le Havre ist die zweitgrößte französische Hafenstadt. Und als solche ein immer beliebterer Umschlagplatz für Drogen. Die arte-Serie „Hafen ohne Gnade“ spielt im Milieu von Hafenarbeitern. Sie erzählt von einem Patriarchen, der versucht, sich gegen die Drogenkartelle zu stemmen. Dabei wird die gewerkschaftliche Solidarität auf die Probe gestellt. Und durch seine Familie geht ein Riss, als seine alten Geheimnisse zu Tage treten.
Einsamer Kampf gegen die Drogen
Pierre Leprieur erhält an seinem 60. Geburtstag unangenehme Nachrichten. Seine erwachsenen Söhne sind in Schwierigkeiten. Der eine, Simon, rast bei einer Probefahrt in eine Polizeikontrolle. Im Auto finden sie eine große Menge Drogen versteckt, für die der andere, Jean, als Autohausbesitzer, verantwortlich gemacht wird. Pierre vermutet, dass es sich um ein Komplott gegen ihn handelt. Er ist Hafenarbeiter und von ganzem Herzen Gewerkschafter. Gegen Drogenhandel am Hafen hat er sein Leben lang angekämpft und sich dabei nicht nur Freunde gemacht.
Der Hafen als symbolische Festung
Die Serie von Vincent Cardona erzählt von der Gemeinschaft unter den Arbeitern, ihrem Selbstbewusstsein, das den Hafen mit seinem Ölgeruch und der surrealen Container-Architektur zu einer Art Festung macht. Die Geschichte wird aus Pierres Perspektive erzählt, seine Kommentare am Anfang und Ende jeder Folge sind manchmal etwas zu betulich, vermitteln andererseits aber schon fast biblisches Pathos.
Im Mittelalter hieß Le Havre noch „Hafen der Gnade“ und tatsächlich ist auch Pierre auf der Suche nach Vergebung. Denn auch er hat offensichtlich Schuld auf sich geladen und die Geschichte seiner Familie ist die seiner Geheimnisse. Da ist zum Beispiel eine afrikanische Prostituierte, die Pierre heimlich in seinem alten Elternhaus wohnen lässt. Oder sein Bruder Christophe, der nach 30 Jahren plötzlich wieder auftaucht.
Zwischen Sozialkitsch, skandinavischer Melancholie und Tarantino
Dass das alles nicht in Sozialkitsch abgleitet, liegt an sehr guten Schauspielern wie Olivier Gourmet als Pierre oder Panayotis Pascot und Pierre Lottin als seine Söhne, die in Frankreich eher durch Komödien bekannt sind.
Vom Look and Feel, der wortkargen Melancholie, erinnert „Hafen ohne Gnade“ an eine skandinavische Serie, andererseits hat sie Elemente von schicksalhaft antiken Dramen und riskiert dann wieder ästhetische Brüche mit Musik oder Zeitlupen, die schon fast an Tarantino erinnern. Das gibt dem bekannten Generationenthema einen sehr lohnenswerten Dreh.
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