Mit Tänzen und Glockenspielen zeigen Trachtenvereine, angereiste Familien und ihre Freunde, wie fröhlich und farbenfroh sie diese alte Tradition lebendig halten. Wenn sie Fahnen-schwingend an drei Tagen durch Wangen ziehen, dann werden sie bejubelt und bewundert. Einige Zaungäste sehen das bunte Treiben aber eher skeptisch, weil sie die fröhlichen Menschen in üppigen, historischen Kleidern als nicht mehr zeitgemäß empfinden oder dahinter das Bekenntnis zu einer eher engstirnigen, konservativen Lebensweise vermuten.
Trachtenträger präsentieren sich weltoffen und vielfältig
Reinhold Frank, der Vorsitzende des Trachtenverbands Baden-Württemberg, betont im Interview mit SWR 1 Sonntagmorgen, dass die im Verband organisierten Trachtenträger die Trachten als Identifikationsmerkmal sehen, zeigen wollten, woher sie kommen. Dieser Heimatbegriff sei aber weltoffen und nicht ausgrenzend. Man wolle auch auf dem Trachtenfest im Allgäu andere Menschen einladen, sich mit dem Thema zu beschäftigen und dabei zeigen, wie weltoffen und vielfältig die Heimat der vielen Trachtenträger sei.
Das NS-Regime lies Trachtenvereine in Deutschland verbieten, ihre Ideen wurden für die ideologischen Ziele des Nationalsozialismus umgedeutet und missbraucht. Nach dem Krieg hat es einige Zeit gedauert, bis Trachten und auch die damit verbundenen Volkstänze wieder als eigenständige Kulturgüter anerkannt waren.
Nach der Nazi-Zeit wieder Trachten Freiheit
Für den Vorsitzenden des Trachtenverbands Baden-Württemberg war die Anerkennung der Volkstanzbewegung als immaterielles Kulturerbe eine wichtige Marke. Vereine, die sich beim deutschen Trachtenfest einmal im Jahr treffen, können das inzwischen selbstbewusst und frei tun. Auch wenn sie von einigen in der Bevölkerung weiterhin belächelt werden. Reinhold Frank, der Verbandsvorsitzende in Baden-Württemberg findet, dass sich durch den Modetrend auf Volks- und Dorffesten, durch den Dirndl und Lederhosen wieder populär geworden sind, das Image der Trachten insgesamt extrem gebessert hat.
Das Polyester-Dirndl einer Warenhaus-Kette entspricht in keiner Weise einer Tracht, aber wenn es den Trägern Spaß macht, damit aufs Volksfest zu gehen, ist das doch in Ordnung", sagt Reinhold Frank, Trachtenverband Baden-Württemberg.

Trachten insgesamt, so der Verbandsvorsitzende, werden seit diesem Trend wesentlich positiver angesehen.

Wie viele verschiedene Trachten es in Deutschland gibt, ist bisher nicht genau erforscht. Experten wie Reinhold Frank gehen von "hunderten, wenn nicht tausenden" in verschiedenen Ausformungen aus. Sie werden in den sogenannten "Trachtenlandschaften", also zum Beispiel im Schwarzwald oder auf der Schwäbischen Alb, je nach Gegend und Ort in leicht unterschiedlicher Ausprägung getragen.
Interessante Geschichte des Bollenhuts
Hinter dem auf der ganzen Welt bekannt gewordenen Schwarzwälder Bollenhut übrigens verbirgt sich eine interessante Geschichte. Getragen wurde der Hut ursprünglich nur in drei kleinen Gemeinden, in Gutach, Wolfach-Kirnbach und Hornberg-Reichenbach. Reinhold Frank vom Trachtenverband Baden-Württemberg schmunzelt, wenn er im SWR-1-Interview berichtet, dass diese drei Gemeinden erst zu Napoleons Zeiten "aus dem württembergischen in den badischen Bereich gekommen sind". Dass sie inzwischen in den USA genauso wie in Teilen Asiens für "Black Forest"-Sehnsüchte sorgen, kann Menschen auch außerhalb des Schwarzwalds ein wenig stolz machen.
