Eine Lehrerin steht in einem Klassenzimmer an der Tafel (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Jens Kalaene)

Bildungsinfluencer Bob Blume

Woran das Schulsystem krankt

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Claudia Deeg
Claudia Deeg (Foto: SWR)
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An den Schulen häufen sich die Probleme: Lehrermangel, zu wenig Ausstattung und überfüllte Klassen.

Bob Blume ist Gymnasiallehrer, Podcaster und in den sozialen Netzwerken als Bildungsinfluencer aktiv. Im SWR1 Interview kritisiert er, dass trotz der vielen Probleme der gesellschaftliche Druck nicht so groß ist, wie er sein müsste.

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SWR1: Bei allen Studien, die bei uns zum Thema Bildung durchgeführt werden, schneiden die Schülerinnen und Schüler in Deutschland schlechter ab als andere. Was läuft aus Ihrer Sicht falsch? 

Bob Blume: Mittlerweile würde ich wirklich sehr provokant sagen, dass Bildung zu wenig Leute interessiert. Alle, die mit Bildung irgendwie zu tun haben, sagen, so kann es nicht weitergehen. Wir haben viel zu viele Schülerinnen und Schüler ohne Schulabschluss. Wir haben ganz viele Schülerinnen und Schüler, die abgehängt sind, die Lern-Rückstände haben. Gleichzeitig ist der gesellschaftliche Druck aber nicht so groß, wie er eigentlich sein könnte.

SWR1: Wie schaffen wir es, dass wir diese Kinder und Jugendlichen erreichen und in der Schule überhaupt motiviert bekommen?

Blume: Ich bleibe mal weiter polemisch. Ich glaube, dass wir es dann schaffen würden, wenn sich die Wirtschaft mal einschaltet. Ich gebe ein Beispiel: Es sollen 1,5 Millionen qualifizierte Zuwanderer kommen, das ist absolut zu begrüßen. Gleichzeitig fragt man sich aber trotzdem, wieso nicht alles dafür getan wird, dass diejenigen, die jetzt hier auch aus den Schulen kommen, auch vernünftig eingegliedert werden. Das ist eine Aufgabe, die gerade im Bereich Bildung ganz schwer umzusetzen ist, weil die Verantwortlichkeiten so unglaublich verteilt sind. Bildung ist Ländersache. Leider ist es aber so, dass trotz der Bekundungen, jeder sein eigenes Süppchen kocht.

SWR1: Jetzt gibt es ja durchaus Ansätze. Es gibt auch engagierte Lehrerinnen und Lehrer. Und trotzdem kriegen die es nicht hin und fühlen sich alleingelassen.

Blume: Ich glaube, das, was Sie gerade gesagt haben, ist richtig. Wir haben unglaublich gute Schulen, wir haben tolle Kolleginnen und Kollegen, nur meistens machen die etwas anders und haben den Mut dazu. Und das ist gleichzeitig das Problem eines Systems, bei dem ja jetzt erst herausgekommen ist, dass die meisten Lehrkräfte nur ein Drittel der Zeit überhaupt mit Unterrichten verbringen. Der Rest ist Verwaltungsarbeit oder es sind die vielen verschiedenen Aufgaben, die jetzt im 21. Jahrhundert auf Lehrkräfte hinzukommen. Das muss von der Politik auch erkannt werden.

SWR1: Jetzt kommt noch das nächste Thema on top: Künstliche Intelligenz (KI). Ist das eher Gefahr oder Chance?

Blume: Jede technische Entwicklung, die dem Menschen auch zugutekommt, ist immer beides. Ich vergleiche das manchmal mit etwas banalen Dingen wie Strom. Ist das jetzt Chance oder Gefahr? Es kommt darauf an, ob man es schafft, die Steckdosen eben so zu entwickeln, dass man keinen Schlag bekommt. Ein Potenzial in der künstlichen Intelligenz liegt darin, dass sie uns bei Dingen helfen kann, die möglicherweise für uns selbst relativ anspruchslos sind.

Gleichzeitig ist da die Gefahr rein für das Lernen. Wenn man gar nicht erst die Haltung hat, dass man etwas vertiefen möchte, sondern sagt: Das kann jetzt eigentlich die KI machen, dann ist das natürlich durchaus eine Gefahr. Von daher ist mein Plädoyer: Man muss sich mit solchen Entwicklungen, gerade mit der sogenannten künstlichen Intelligenz befassen, damit man die Schülerinnen und Schüler nicht damit allein lässt und sie verführt werden, sich das Lernen selbst abzutrainieren.

Das Gespräch führte SWR1 Moderatorin Claudia Deeg.

Mehr Informationen zu Bob Blume finden Sie auf bobblume.de

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