Erst Ärger, dann Akzeptanz

25 Jahre "neue Rechtschreibung"

Stand
MODERATOR/IN
Steffi Stronczyk
Steffi Stronczyk (Foto: SWR)

Am 1. August 1998 ist die "neue Rechtschreibung" in Kraft getreten und sorgte für viel Aufregung. An die neuen Schreibweisen mussten sich viele erst gewöhnen.

Wir haben mit der Leiterin der Dudenredaktion, Dr. Kathrin Kunkel-Razum gesprochen und sie gefragt, warum die Reform so schlecht aufgenommen wurde und ob demnächst vielleicht eine neue ansteht.

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Neue Rechtschreibung: Soziale Frage beim Schreiben

SWR1: Was glauben Sie, weshalb sich die Leute über die eine oder andere Schreibweise richtig aufregen können?

Dr. Kathrin Kunkel-Razum: Ich glaube, dass es nicht nur an der einen oder der anderen Schreibweise liegt, sondern, dass es das Gesamtpaket ist. Und wenn da jemand kommt und sagt: 'Du hast das zwar alles gut gelernt, aber jetzt ändern wir hier mal was', dann wird es schwierig. Das sah man bei der Rechtschreibreform, bei der Fremdwörter-Diskussion und das sieht man natürlich beim Thema Gendern. Auch wenn die Fälle gar nicht miteinander vergleichbar sind.

Sprache ganz allgemein ist etwas, was Teil der Identität von Menschen ist.

Ich glaube nicht, dass es um einzelne Schreibungen ging. Es hat damals zu großer Verunsicherung geführt, dass Menschen das Gefühl hatten, sie müssen etwas neu lernen und können vielleicht nicht mehr richtig schreiben. Dann ging es um Sozialprestige.

SWR1: Für wen ist die "neue Rechtschreibung", die jetzt gar nicht mehr so neu ist, eigentlich wirklich verbindlich?

Kunkel-Razum: Verbindlich ist sie nur für Bereiche, die der Staat regeln kann. Das sind die Schulen und bestimmte Verwaltungseinheiten, wie beispielsweise Ministerien. In Bezug auf Gemeinden oder auf Universitäten gibt es durchaus unterschiedliche Ansichten. Aber dieser Kernbereich, den ich gerade genannt habe, der ist völlig unstrittig.

Individuell können Sie natürlich schreiben, wie Sie möchten. Aber es gibt natürlich auch einen gewissen sozialen Druck, sich dann doch der Rechtschreibreform anzupassen. Das hat man ja auch in der Medienlandschaft und bei Firmen gesehen. Es hat eine Weile gedauert, aber man hat dann mitgezogen.

Immer wieder kleinere Reformen

SWR1: Stehen denn in nächster Zeit noch irgendwelche neuen Reformen an?

Kunkel-Razum: Nicht im großen Maße. Aber natürlich gibt es immer wieder kleine Änderungen. Wir haben ja den Rat für deutsche Rechtschreibung - ein international besetztes Gremium - in dem Vertreterinnen und Vertreter aus sieben Ländern sitzen und beobachten, wie sich der Schreibgebrauch ändert.

Da passiert im kleinen Rahmen immer wieder was. Die Amtsperiode dieses Rates geht am Ende des Jahres zu Ende. Der Rat hat natürlich intensiv gearbeitet. Wir haben beispielsweise das Kapitel Zeichensetzung neu strukturiert. Sowas wird es auch fortlaufend geben. Aber ich glaube nicht, dass wir in der nächsten Zeit nochmal eine größere Rechtschreibreform haben.

Es geht vor allem darum, dass das Regelwerk etwas allgemein verständlicher formuliert wird.

Das Gespräch führte SWR1 Moderatorin Steffi Stronczyk.

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