Weinreben mit Trauben (Foto: SWR, Rheinland-Pfalz Tourismus GmbH - Dominik Ketz)

Jungwinzer freut sich auf eigene Ideen

Generationenwechsel ist nicht immer leicht

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MODERATOR/IN
Claudia Deeg
Claudia Deeg (Foto: SWR)
Frank Jenschar
Frank Jenschar (Foto: SWR)

Irgendwann soll die nachfolgende Generation das Geschäft übernehmen. Doch der Übergang läuft nicht immer reibungslos. So ein Generationenwechsel steht auch Jungwinzer Lucas Moll bevor.

Miteinander leben und arbeiten, voneinander lernen… und das über mehrere Generationen hinweg. Familienbetriebe kennen das. Da steigen die Kinder schon früh mit ein, damit sie irgendwann das Geschäft übernehmen können. In der Theorie klingt das einfach, in der Praxis läuft dieser Übergang jedoch nicht immer reibungslos. Die jungen sprudeln nicht selten vor Ideen, was man verändern könnte. Den älteren Generationen fällt es schwer loszulassen. 

So ein Generationenwechsel steht auch Jungwinzer Lucas Moll (auf dem Bild links abgebildet mit seinem Vater) aus St. Martin in der Pfalz bevor.

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SWR1: Was überwiegt bei Ihnen, die Vorfreude auf ein eigenes Weingut oder der Respekt vor der Verantwortung?

Lucas Moll: Es ist eine gemischte Antwort. Ich freue mich wirklich wahnsinnig darauf, die eigenen Ideen einfach umsetzen zu können. Im Sinne von – mit weniger Diskussionbedarf. Aber natürlich ist es auch immer wieder eine große Herausforderung, später Arbeitskräfte zu finden, die gewillt sind, mit uns zu arbeiten. Weil ich das auch nicht alles alleine machen kann. Vor allem wenn man sich gerade auch politische Themen anhört, wie die Vier-Tage-Woche.

SWR1: Was haben Sie da für Ideen? Was war zuletzt eine Diskussion zum Beispiel?

Moll: Eine letzte große Diskussion war eine über Rebsorten. Es gibt neue Rebsorten, die für den Klimawandel ein bisschen besser geeignet sind. Ich bin ehrlich – wir haben jetzt zu Hause von diesen Rebsorten noch keine im Anbau. Und es ist auch immer noch eine große Diskussion, ob es den Leuten schmeckt. Viele wollen ja immer noch, wenn sie zu uns kommen, typisch pfälzischen Riesling trinken und wir haben schon einen relativ großen Sortenspiegel. Was nimmt man also raus? Irgendwann muss man sich ja auch mal begrenzen.

Ich freue mich darauf, die eigenen Ideen mit weniger Diskussionsbedarf umzusetzen.

SWR1: Man muss also eine Rebsorte weglassen, wenn man dann eine andere neu einführen möchte. Das ist ja etwas, was dann auch frühzeitig angegangen werden muss. Bis so ein Rebstock trägt, das dauert ja auch. Das geht ja nicht, wenn Sie den Laden übernehmen, im nächsten Jahr.

Moll: Genau! Das sind Dinge, die müssen wirklich gut vorgeplant sein. In der Literatur heißt es eigentlich immer: ab dem dritten Jahr kommt der Ertrag. Das sollte man eigentlich auch so beibehalten. Also wenn im zweiten Jahr die Pflanzen schon Trauben tragen, ist es eigentlich am besten, wenn man die nochmal abschneidet, sodass mehr Energie in die Pflanze selbst und nicht in die Traube geht. Das sind so kleine Details.

SWR1: Jetzt mal Hand aufs Herz. Hatten Sie auch mal den Gedanken, "ach nee, ich glaube es ist doch nichts für mich"?

Moll: Ich habe mir wirklich viele Gedanken darüber gemacht. Ich habe mich dann auch erst während des Abiturs dazu entschieden: Ja, ich möchte – angefangen mit einer Ausbildung zum Winzer – den Berufsweg gehen. Mit dem Master in Weinbau und Önologie, den ich jetzt in Neustadt mache, gehe ich auch etwas darüber hinaus. Ich kann auch mit dem Studium, ich sage jetzt mal als Backup, in die Forschungsrichtung einsteigen.

SWR1: Also ein kleines Hintertürchen halten Sie sich noch offen. Und jetzt mal ganz ehrlich, als Winzer ist eine Vier-Tage-Woche ja eigentlich nicht möglich. Oder?

Moll: Nein, das kann man wirklich ganz klar sagen. Das wird nicht funktionieren. Das sind Gespräche, die wir immer mal wieder führen. Wie man jedem gerecht werden kann. Ich merke es ja auch. Mein Vater, der weiß, was wichtig ist. Es hat jetzt relativ viel geregnet, und das Gras wächst im Weinberg zwischen den Reben. Wenn man da nicht rechtzeitig kommt, dann läuft man mit der Hacke hinterher, und das versucht man dann auch zu vermeiden. Dann ist man auch mal bereit, ein paar Stunden länger zu arbeiten. Aber mit einer Vier-Tage-Woche könnten solche Problematiken auch mal schwierig werden.

SWR1: Das heißt es, wird auch eine Herausforderung Familie, Beruf, Freizeit unter einen Hut zu bekommen. Weil wahrscheinlich das Modell der Älteren, wie Sie es erlebt haben – auch von Ihren Eltern – vielleicht nicht unbedingt das ist, wie Sie es haben möchten.

Moll: Das ist es definitiv. Natürlich könnte man dann einfach sagen, man muss eben eine zweite Person einstellen. Aber dann ist da wieder die Frage des Preises. Wir versuchen ja immer sehr kundenorientiert zu denken. Und wenn jetzt die Flasche Wein, die vorher zehn Euro gekostet hat, auf einmal 15 Euro kostet – nur wegen der Arbeitskosten – dann frage ich mich, ob das jeder Kunde bereit ist zu zahlen.

Das Interview führte SWR1 Moderatorin Claudia Deeg.

Hilfsangebote der IHK Rheinhessen

Dass es mit dem Generationenwechsel nicht immer so gut klappt, kann auch Günter Jertz, Hauptgeschäftsführer der IHK Rheinhessen, bestätigen. Im SWR1 Interview mit Frank Jenschar erklärt er: "Die Alten wollen und können nicht loslassen. Wenn sie denn loslassen, ist es auch mit großen Problemen verbunden, weil natürlich viel Emotion mitschwingt." Die Entscheidung, den Generationenwechsel einzuleiten, komme oft zu spät. Das beobachte die IHK seit Jahren, und so komme es immer wieder vor, dass keine Nachfolger mehr gefunden werden, so Jertz.

Günter Jertz ist Hauptgeschäftsführer der IHK Rheinhessen. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa/IHK Rheinhessen | Alexander Sell)
Günter Jertz ist Hauptgeschäftsführer der IHK Rheinhessen.

Die sogenannten "Nachfolgelotsen" der IHK sollen dabei helfen, die Betriebe zu coachen und den Übergang vorzubereiten. Sie beraten Betriebe kostenlos und beschäftigen sich auch gezielt mit den Personen, die übernehmen sollen. Dabei behalten sie auch die finanzielle Komponente im Blick, die oft entscheidend für den Wechsel sei.

Es ließe sich jedoch nicht an einer Branche festmachen, wo diese Probleme auftreten, sagt Jertz. Es gebe vor allem Probleme in der Hotellerie und der Gastronomie, "aber das geht eigentlich querbeet über alle Branchen. Das sind eben gestandene Unternehmer oder Unternehmerinnen, die nicht gerne loslassen."

Auf der Webseite der IHK Rheinhessen finden Sie eine weitere Informationen zur Nachfolge-Beratung sowie eine Checkliste für Betriebsübergeber.

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