Und jährlich grüßt das Murmeltier. (Foto: IMAGO, IMAGO / imagebroker)

Eine Tradition kehrt zurück

Murmeltiertag in der Pfalz

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Claudia Deeg
Claudia Deeg (Foto: SWR)
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Der 2. Februar ist in den USA ein ganz besonderer Tag, denn dann wird ein Murmeltier nach dem kommenden Wetter befragt. Der etwas komische Brauch stammt eigentlich aus Rheinland-Pfalz.

Die besondere Wettervorhersage hat es wieder zurück in die Pfalz geschafft: in Bockenheim an der Weinstraße wird am 4. Februar 2024 der Murmeltiertag gefeiert. Was dahinter steckt, haben wir den Ideengeber und Sprachwissenschaftler Michael Werner gefragt.

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SWR1: In Bockenheim wird nur ein Murmeltier aus Stoff befragt. Warum?

Michael Werner: Ja, das ist richtig und auch angemessen. Wir wollen ja keine echten Murmeltiere wecken. Es gibt ja welche in der Pfalz, aber die lassen wir lieber noch ein bisschen schlafen.

SWR1: Aber man könnte ja auch ein ausgestopftes Murmeltier nehmen...

Werner: Man könnte ein ausgestopftes nehmen, aber das haben mir meine Töchter verboten, als wir die Idee hatten.

SWR1: Bei der ursprünglichen pfälzischen Tradition war es ja ein Dachs. Warum wurde da ein Murmeltier draus?

Werner: Die Auswanderer aus der Pfalz sind im 18. Jahrhundert nach Pennsylvania gegangen und hatten ganz viel im Gepäck: ihre Sprache, Gebräuche, Kultur, Essen und auch den Brauch, den Dachs zu befragen. Am 2. Februar gab es drüben blöderweise keine Dachse, aber es gab jede Menge Murmeltiere. Deswegen hat man sich darauf verständigt, einfach Murmeltiere zu befragen. Und es hat sich bewährt.

SWR1: Das Ganze muss ja nicht so wirklich ernst genommen werden. Aber der ursprüngliche Hintergrund in den USA war ja schon ernsthaft. Die Deutschen wollten dort nicht so deutsch wirken...

Werner: Der allererste Ansatz war schon, den Brauch aufleben zu lassen. Aber 1933, nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten, haben sich die Deutschen in den Städten in Pennsylvania gesagt, wir müssen irgendetwas tun, um beides zu sein — patriotisch, amerikanisch und gleichzeitig eine Chance zu haben, unsere Kultur zu pflegen. Da haben sie sich gedacht, dieses Murmeltierfest wäre eine gute Idee, um das zu verbinden. Und das hat auch funktioniert. Man musste bei diesen Veranstaltungen Mundart sprechen, in "Pennsilfaanisch Deitsch". Das ist dem Pfälzischen sehr ähnlich. Und gleichzeitig hat man dann den amerikanischen Flaggen-Eid gesprochen, hat gebetet und so weiter. Sie wollten zeigen, wir sind seit 300 Jahren in diesem Land und gute Amerikaner, auch wenn wir Deutsch sprechen.

SWR1: Wenn Sie in Bockenheim feiern, sieht es vom Outfit, mit Zylinder und so weiter, eher aus wie in Amerika...

Werner: Ja, absolut. Wir haben einen Hauptmann, und der tritt wie in Amerika mit Frack, Fliege und Zylinder auf. Man muss schon angemessen angezogen sein, wenn man das Murmeltier befragt. Sonst bekommt man keine ordentlichen Antworten.

SWR1: Wie wird das Wetter?

Werner: Das weiß ich nicht. Wir haben das Murmeltier noch nicht befragt. Aber ich kann Ihnen sagen, die Quoten der letzten Jahre waren sehr gut. Wir sind immer so über 50 Prozent.

Das Interview führte SWR1 Moderatorin Claudia Deeg.

Weitere Informationen zum Murmeltiertag finden sie auf der Homepage von Bockenheim.

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