Wir haben bei Werner Eckert aus der SWR1 Umweltredaktion nachgefragt: Wird es Weinsorten geben, die durch den Klimawandel aussterben werden?
Werner Eckert: Möglicherweise wird der Anbau der ein oder anderen Rebsorte problematisch werden, wie zum Beispiel der Frühburgunder. Das ist eine rote Rebsorte, die
— wie der Name schon sagt — früher reif wird als der Spätburgunder. Da wird es kritisch, denn es gibt unglaublich hohe Alkoholwerte. Der Silvaner ist auch so ein "Sensibelchen", was die Temperaturen betrifft.
Bei den meisten Rebsorten kennen wir die unteren Temperaturgrenzen, bei denen sie noch wachsen. Aber die oberen Temperaturgrenze kennen wir noch nicht, weil sie noch nie ausgetestet worden ist. Das muss man abwarten. Die Winzer haben schon Recht — man kann mit Tricks und Kniffen die meisten Rebsorten noch über Wasser halten. Das sind Nordlagen oder höher gelegene Weinberge, weil es da kühler ist — da kann man eine Menge machen, deshalb bin ich da nicht so skeptisch.
SWR1: Gibt es auch positive Entwicklungen beim Wein durch den Klimawandel?
Eckert: Unbedingt und jede Menge. Man muss überlegen — vor 30 bis 40 Jahren war die Reife ein Thema. In den 80ern hatten wir Jahre, in denen die Trauben nicht wirklich reif geworden sind und die Weine entsprechend "gruselig" waren. Das kann man sich heute gar nicht mehr richtig vorstellen. Das hat sich grundlegend geändert und wir haben sozusagen die Möglichkeit, Trauben reif zu machen. Was die Winzer jetzt überlegen müssen, ist, wie sie diesen Prozess verzögern können, damit die Trauben nicht zu reif werden. Aber das ist ein Luxusthema, denn man kann aus den Vollen schöpfen.
SWR1: Ist unser Rotwein aus Rheinhessen oder der Pfalz mittlerweile mit italienischem oder französischem vergleichbar?
Eckert: Wenn man den französischen oder italienischen Rotweine vor 30 bis 40 Jahren nimmt — ja. Wir haben mittlerweile Bedingungen, wie damals an der Rhone oder zumindest in Norditalien. Wenn man die entsprechenden Sorten anbaut, dann geht das. Und die Sorten werden ja angebaut — wir haben in Deutschland längst Cabernet, Merlot, Sangiovese und Nebbiolo im Anbau. Es ist aber sicher nicht vernünftig eine Kopie von italienischen und französischen Weinen zu machen, sondern wir sollten versuchen ein eigenständiges Produkt auf dem Markt zu platzieren. Das honorieren die Verbraucher auch. Ein super Spätburgunder ist sicher in Deutschland nach wie vor stilprägend, was Rotweine betrifft und nicht unbedingt ein Primitivo.
Das Interview führte SWR1 Moderatorin Steffi Stronczyk.