SC-Torwart Noah Atubolu im Spiel gegen den FC Bayern München. (Foto: IMAGO, IMAGO / Eibner)

Fußball | Bundesliga

Freiburgs Torwart Noah Atubolu: Wie der Sport-Club sein junges Talent schützt

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AUTOR/IN
Kira Rutkowski

Seit dieser Saison ist Noah Atubolu die Nummer eins beim SC Freiburg. Seine ersten Wochen seien wie eine wilde "Achterbahnfahrt" gewesen, sagt Freiburgs Trainer Christian Streich.

SC-Freiburg-Torhüter Noah Atubolu musste in den vergangenen Wochen viel Kritik einstecken: "Torwart-Patzer brockt Freiburg erste Europacup-Pleite ein" oder "Mit diesen Torwart-Patzern wird das nichts". Zwei Überschriften, die zeigen, dass die Öffentlichkeit bei Fehlern von Fußballspielern schnell hart urteilt. Gerade für einen jungen Torwart, der seine ersten Spiele in der Bundesliga und in der Europa League macht, ist das eine schwierige Situation. Deshalb führt der SC Freiburg sein Eigengewächs behutsam an den Druck, der durch die Öffentlichkeit erzeugt wird, heran. Für die Breisgauer bedeutet dies: erst einmal keine Interviews.

Atubolu als typisches Beispiel für den "Freiburger Weg"

Atubolu verkörpert mit seiner Nominierung zur Nummer eins den oft genannten "Freiburger Weg". Der 21-Jährige ist sogar in Freiburg geboren. Seit acht Jahren spielt er für den SC. Er hat nicht nur die Jugendmannschaften der Freiburger durchlaufen, sondern entwickelte sich auch in den verschiedenen U-Nationalmannschaften. Christian Streich beschrieb Noah Atubolu kürzlich als "ruhigen Kerl". Er sei kein Lautsprecher, zeige sich konzentriert, fokussiert und sei "ganz bei sich".

Keine perfekten Spiele für Atubolu 

Mit seinen 1,90 Metern und 99 Kilogramm Körpergewicht gilt er als Modell-Athlet und hat in dieser Saison sieben Bundesliga-Spiele, ein DFB-Pokalspiel und zwei Europa-League-Spiele bestritten. Gegen Frankfurt zeigte er beispielweise gute Paraden, fischte kurz nach der Halbzeitpause einen Torschuss aus dem langen Eck. 

Der jüngste Torwart der Bundesliga sah allerdings nicht immer gut aus: Beim Dortmunder 3:2-Führungstor von Mats Hummels kurz vor dem Ende der Partie wirkte Atubolu zögerlich. Im Europa-League-Spiel gegen West Ham führte ein Fehler des Keepers zum Siegtor der Engländer. Sein Trainer hält jedoch zu seinem Keeper: Nur Menschen, die es nicht blicken, würden daraus eine Torwart-Diskussion machen, meinte Streich vor einigen Tagen.

Von Neuer-Vergleichen bis zur Torwart-Diskussion

Ob Erfolg oder vermeintlicher Misserfolg - für einen jungen Spieler sei es manchmal einfach gut, ein Spiel erstmal sacken zu lassen, statt dass er von einem zum nächsten Interview rennt und sich "vielleicht verrennt", meint Streich. "Da geht es um den Schutz", sagt der Fußballlehrer. Erst die Vergleiche mit Nationalkeeper Manuel Neuer, dann das öffentliche Anzweifeln seiner Fähigkeiten - die metaphorische Achterbahn, auf der Atubolu in den zurückliegenden Monaten gefahren ist, ist ziemlich hoch und ziemlich steil. "Da hockt er drin im Wagen. Das ist der Grund, warum man ein klein bisschen auf so Kerle schauen muss."

Christian Streich: "Es prasselt viel auf so einen jungen Mensch ein"

"Plötzlich bist du von Interesse, du bist jung und spielst von Anfang an, und jetzt wollen die Medien-Anstalten alle gerne ein Exklusiv-Interview mit diesem Spieler", weiß der medienerfahrene Trainer. Vor allem, wenn dem Interview ein vermeintlicher Misserfolg vorausgehe, sei das eine Geschichte für die Medien, und dies wiederum sei "sehr, sehr schwierig", meint Streich. Die Spieler hätten keine Medien-Erfahrung und beschäftigten sich auch nicht Tag und Nacht mit der Psychologie der Medien und Menschen. Zunehmende Bekanntheit, intensive Trainingsarbeit, Freundes- und Bekanntenkreis und das familiäre Umfeld - in solch einer Zeit, in der sich Atubolu momentan befinde, prassele einfach viel auf einen jungen Menschen wie ihn ein, berichtet der Coach.

SC Freiburg steht hinter Atubolu 

Nach dem Spiel gegen West Ham hat sich der SC Freiburg klar hinter Atubolu gestellt. Für Streich ist Atubolu in einem "normalen Prozess für einen jungen Torwart". Andere etablierte Torhüter machten auch Fehler, sagte der Trainer damals. "Wir reden miteinander, trainieren, schauen Videos an. Und dann wird die Entwicklung kommen, dass er immer stabiler wird. Davon gehen wir aus, deshalb machen wir es." Und "wir machen das, weil wir Freiburg sind", sagte Streich in aller Deutlichkeit.  

Streich: "Früher war ich viel extremer - Interviews, für was?"

In Bezug auf die Interviews junger Spieler war Streich nach eigenen Angaben früher viel extremer. Interviews von jungen Spielern seien damals in den ersten Monaten überhaupt nicht infrage gekommen. "Für was? Der soll schauen, dass er trainiert und im Kopf gesund bleibt. Heutzutage kannst du das gar nicht mehr machen, weil sich alles verändert hat. Aber das war damals gut. Das hat denen gut getan, den Matthias Ginters und wie sie alle hießen." Jungprofi Ginter hatte beispielsweise erst nach acht Monaten sein erstes Interview gegeben.

Ohne Gegentor gegen den VfL Bochum? 

Egal, wann für Atubolu das erste Interview als Freiburger Nummer eins ansteht, er kann sich sicher sein, dass der Zeitpunkt vom Verein behutsam gewählt wird. Für das kommende Heimspiel gegen den VfL Bochum (Sa.,15:30 Uhr/ bei SWR1 Stadion), sind die Vorzeichen für ein gutes Spiel Atubolus und einen sauberen Kasten auf alle Fälle schon mal gut: Die vergangenen drei Bundesliga-Spiele gegen die Westfalen haben die Breisgauer gewonnen - und zwar zu null. Gegen keinen anderen Bundesligisten sind sie so lange ohne Gegentor. Noah Atubolu hätte bestimmt nichts dagegen, wenn diese Statistik ausgebaut werden würde.

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Kira Rutkowski