Fußball | Meinung

Die Trennung von Pellegrino Matarazzo - ein logischer Schritt

Stand
Autor/in
Kersten Eichhorn

Die TSG Hoffenheim hat sich nach knapp zwei Jahren von Trainer Pellegrino Matarazzo getrennt. Die Entscheidung ist für SWR-Fußballreporter Kersten Eichhorn nachvollziehbar.

Keine Frage, die Freistellung von Pellegrino Matarazzo in Hoffenheim ist nun wahrlich keine Überraschung, eher eine logische Konsequenz. Es hatte sich angebahnt, zu lange schon schlichen die Vermutungen und Spekulationen um einen Neustart auf der Trainerposition durch den Kraichgau.

Im Grunde genommen stand der US-Amerikaner schon seit seinem Amtsantritt im Februar 2023 in Frage. Schon damals, als der TSG im Abstiegsstrudel das Wasser bis zum Hals stand, und "Rino" dem Klub die Bundesliga als Nachfolger des glücklosen André Breitenreiter retten sollte, stand in der öffentlichen Meinung das große Fragezeichen: Ist Matarazzo überhaupt der richtige Mann für diese komplexe Aufgabe?

Viele Zweifler fühlten sich dann auch schnell bestätigt, als Hoffenheim und "Rino" mit fünf Bundesliga-Niederlagen in Serie in die gemeinsame Zusammenarbeit starteten, ehe Trainer und Team mit einem erfolgreichen Endspurt im Mai 2023 doch noch knapp den Klassenverbleib schafften.

Immer wieder Zweifel an Pellegrino Matarazzo

Diese Zweifel im Umfeld an Pellegrino Matarazzo sind bis zum Tag der Trennung geblieben. Auch wenn er lange Zeit mit dem Ende Juli dieses Jahres von seinen Aufgaben entbundenden Ex-Sportchef Alexander Rosen einen wichtigen und treuen Fürsprecher hatte. Den reinen sportlichen Erfolgen nach zu urteilen auch nicht ganz zu Unrecht: Nach der Rettung 2023 folgte schließlich unter Matarazzo 2024 mit Platz sieben in der Bundesliga die überraschende Qualifikation für die Europa League.

Wenig Konstanz in der Entwicklung

Klingt gut, sollte man auf den ersten Blick meinen. War aber, so die Kritiker von Pellegrino Matarazzo (im Übrigen ein ausgesprochen sympathischer Vertreter der Trainerzunft), eher der Schwäche der Konkurrenz als der eigenen Stärke geschuldet. Fakt ist jedenfalls, dass es Matarazzo in diesen knapp zwei Jahren seiner Amtszeit nicht geschafft hat, dem Team eine gewisse Konstanz und Konsequenz einzuimpfen. Starke Auftritte in der Fremde beispielsweise wechselten sich in der vergangenen Saison munter mit befremdlich-biederen Darbietungen daheim ab. Die Zuschauerzahlen bröckelten. Die Unzufriedenheit nahm zu, auch in der Vereinsführung.

Nur selten waren noch Spuren des in früheren Jahren berühmt-berüchtigten Tempofußballs der Hoffenheimer zu sehen, zu selten sprang leider der Funke der Begeisterung vom Spielfeld aufs Publikum über. Dazu kam, dass es auch Matarazzo nicht gelungen ist, die leidige Abwehrproblematik in den Griff zu bekommen. Vergangene Saison kassierten die Kraichgauer 66 Gegentreffer. Indiskutabel für die Mittel, die die TSG auf dem Transfermarkt einsetzte, um der Schwäche endlich Herr zu werden.

Die besten Offensivspieler wurden verkauft

Nicht vergessen sollte man bei der Einschätzung der mitunter schwierigen Arbeit des 46-jährigen Fußballlehrers allerdings, dass sich die TSG Hoffenheim aus finanziellen Gründen praktisch Jahr für Jahr von ihren besten Offensivspielern trennen musste. 2023 wechselte Top-Spieler Christoph Baumgartner nach Leipzig, in diesem Sommer Jung-Nationalspieler Maxi Beier zu Borussia Dortmund. Dazu kamen immer wieder schwere Verletzungen, beispielsweise der wiederholte Ausfall von Führungsspieler Grischa Prömel oder des besten Abwehrspielers Ozan Kabak.

Ein "Herausragend" muss man im Arbeitszeugnis von Pellegrino Matarazzo in diesem Zusammenhang jedenfalls bei der Talententwicklung notieren: Mit Maxi Beier, Tom Bischof, Umut Tohumcu, Tim Drexler und U17-Weltmeister Max Moerstedt schafften es gleich fünf Eigengewächse zum Stammspieler oder zumindest in den engeren Bundesligakader. Eine starke Leistung des Trainers und beispielhaft in der Bundesliga.

Turbulenter Transfersommer 2024

Das allein aber konnte den Trainer nicht retten. Heftig erschwert wurde Pellegrino Matarazzos Arbeit zuletzt durch einen turbulenten Transfersommer 2024. Vor der schlagzeilenträchtigen und mit viel Unruhe verbundenen Trennung von Wegbegleiter Alexander Rosen war die Kaderplanung lange blockiert, danach ging es Schlag auf Schlag. Erst spät im August wurden von Interims-Sportchef Frank Kramer sieben Neuzugänge für immerhin geschätzte 60 Millionen Euro eingekauft. Die Saison hatte zu diesem Zeitpunkt längst begonnen, die Integration der vielen Neu-Hoffenheimer war und ist bis heute Schwerstarbeit. Eine passende Saisonvorbereitung sieht anders aus.

Schwacher Saisonstart

Hinzu kamen in dieser Phase über Wochen Proteste und Stimmungsboykotts der organisierten Hoffenheim-Fans wegen des Rosen-Rauswurfs. Wenig verwunderlich deshalb der Holperstart in der Liga. Und dennoch sind Platz 15 und gerade mal neun Punkte aus zehn Spielen eine für die Hoffenheimer Ansprüche zu dürftige Bilanz. Die jüngsten drei Partien gegen Heidenheim, St. Pauli und Augsburg ohne eigenen Treffer bestärkten dann auch beim neuen Sportchef und Rosen-Nachfolger Andreas Schicker nicht gerade das Gefühl, dass es endlich aufwärts geht.

Bewährung für Matarazzo nicht erfolgreich

Der Österreicher hatte dem Trainer zunächst die Bewährung eingeräumt. Das Team aber konnte sich in dieser Zeit nicht wie erhofft befreien. Die Abstiegsangst geht um, Hoffenheim verharrt weiter im Tabellenkeller. Ruhe wäre deshalb bis auf Weiteres nicht eingekehrt. Also greifen auch im Kraichgau wieder einmal die Gesetze der Branche: Der Trainer muss gehen.

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Aus menschlichen Gründen ist sie sehr schade, aus sportlicher Perspektive aber ist die Trennung von Pellegrino Matarazzo durchaus verständlich. Ein Neustart auch auf der Trainerbank - zumal jetzt in der zweiwöchigen Länderspielpause - ist für alle Seiten die logische und vernünftigste Lösung. Für Hoffenheim und für Pellegrino Matarazzo.

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Kersten Eichhorn

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