In diesem Jahr feiert der Deutsche Caritasverband sein 125-jähriges Jubiläum. Seit 1897 steht der katholische Wohlfahrtsverband Menschen in Not im In- und Ausland zur Seite. Soziale Arbeit für Migrantinnen und Migranten ist fester Bestandteil der Tätigkeit des Verbandes. „Das Engagement für Menschen, die in ihre Heimat verlassen mussten - auf der Flucht vor Krieg und Verfolgung, auf der Suche nach Arbeit und Frieden - gehört zu den Kernaufgaben der Caritas. "Seit 125 Jahren: für Menschen, die auf ihrem Weg nach Deutschland vielfältig Erfahrungen von Gewalt und Ausbeutung gemacht haben. Dabei ist der Weg für die Menschen, die heute zu uns kommen, weiter geworden. Die Distanz, die sie überwinden müssen, um einen sicheren Hafen zu erreichen, ist groß, sowohl räumlich als auch kulturell", sagt Eva Maria Welskop-Deffaa.
Wandel der Herkunftsregionen
„Die Migrantinnen und Migranten, für die wir in den Anfangsjahren des Caritasverbandes Hilfsangebote aufgebaut haben, kamen aus Italien und waren unter miserablen Arbeitsbedingungen im Eisenbahnbau beschäftigt. Heute kommen Menschen aus Myanmar, Somalia oder Afghanistan, sie haben Wochen, Monate oder Jahre der Flucht hinter sich und weite Strecken zurückgelegt. Sie kommen aus Kulturkreisen und aus Lebenswirklichkeiten, die sich von den unsrigen in Europa sehr unterscheiden“, berichtet Welskop-Deffaa.
„Menschen stärken Menschen“
Unverändert sei über alle Jahre geblieben, was die Menschen am dringlichsten brauchen, um in der neuen Heimat Fuß zu fassen, so Welskop-Deffaa: „Einkommen, Wohnung und Zugang zur Gesundheitsversorgung.“. Dabei gehe es nicht nur um die körperliche, sondern immer dringlicher auch um die seelische Gesundheit. „Menschen mit Migrationsgeschichte sind auf menschliche Zuwendung, Nähe und Begegnung angewiesen, das gilt heute wie vor 125 Jahren,“ so Welskop-Deffaa. „Kreative Lösungen finden, innovativ sein und auf der Grundlage professionellen Wissens im Zusammenspiel freiwilligen und beruflichen Engagements auf die konkrete Situation reagieren – das zeichnet die Caritas in der Arbeit mit Migranten und Migrantinnen aus.“
Engagement von Geflüchteten für Geflüchtete
Die Zusammenarbeit von ehrenamtlich und beruflich Engagierten stelle die „DNA“ des Wohlfahrtsverbandes dar. So gelinge es schnell und praxisgerecht im Alltag zu helfen. „Das Spektrum der Angebote Ehrenamtlicher für Migrantinnen und Migranten ist groß – es reicht von der Bahnhofsmission, die an den Bahnhöfen Umstiegshilfe leistet bis zu Lesepatinnen beim Sozialdienst katholischer Frauen, die Kindern beim Erlernen der deutschen Sprache helfen. Für mich ist es allerdings eine besondere Freude, dass es an so vielen Stellen gelingt, Geflüchtete selbst als Ehrenamtliche zu gewinnen“, erläutert die Caritas-Präsidentin am Beispiel eines Projektes der Caritas in Osnabrück.
Mit der Aktion „Gemeinsam.Engagiert“ wird es Geflüchteten leicht gemacht, Möglichkeiten freiwilligen Engagements zu ergreifen. Freiwillige mit Migrationshintergrund seien wertvolle Brückenbauer zur Überwindung von sprachlichen Barrieren. Ihre Initiative fördere Integration und Zusammenhalt, so Welskop-Deffaa. Für die Geflüchteten sei ihr ehrenamtliches Engagement eine Chance, eigene Stärken und Potenziale (wieder) zu entdecken. Es erleichtere ihnen, sich aus der Rolle derer zu befreien, denen „geholfen“ werden müsse. „Viele wollen mit dem freiwilligen Engagement das weitergeben, was sie selbst an Hilfe erfahren haben,“ betont die Präsidentin.
Wie kann Integration gelingen?
„Wir brauchen kulturelle Offenheit – und das meine ich sehr zugespitzt: nicht nur beim Essen. Wir sollten die Feste der Zugewanderten mit großer Offenheit und Neugier kennenlernen wollen. Wenn wir an Allerheiligen die Halloween-Bräuche aus den USA übernehmen, sollte es, so meine ich, einfach sein auch die Feste der Muslime und der jüdischen Menschen, die zu uns kommen, mitzufeiern“, so die Caritas-Präsidentin. „Integration braucht kulturelle Offenheit und sie braucht die Anerkennung von Religion als Teil der kulturellen Identität.“ Für die säkularisierte Gesellschaft Deutschlands, die eine Emanzipationsgeschichte von religiösen Normen hinter sich habe, sei es nicht immer leicht anzuerkennen, dass und wie die Religion derer, die ankommen, ihre persönliche und kulturelle Identität prägt. „Interreligiöser Dialog ist für gelingende Integration genauso wichtig wie das gemeinsame Kicken der deutschen und migrantischen Kinder auf dem Schulhof “, so Eva Maria Welskop-Deffaa.