Citizen Science - Bürgerforschung - soll Forschungsprojekte dabei unterstützen, Daten zu sammeln. Das Motto: Spazieren für die Wissenschaft und dabei Wasserschutzgebieten helfen. (Foto: IMAGO, Wassilis Aswestopoulos)

Biodiversität und Wasserwirtschaft

Citizen Science für mehr Artenschutz - Spazieren für die Wissenschaft

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Veronika Simon
Portraitbild von Veronika Simon, Multimedia-Reporterin und Redakteurin SWR Wissen aktuell (Foto: SWR)
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Kristina Koch

Der Klimawandel bedroht Wasserschutzgebiete und damit die Artenvielfalt. Die Forschung geht neue Wege: Bürgerinnen und Bürger können helfen, wichtige Daten zu sammeln.

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Die Veränderungen in der Natur zu erkennen und zu dokumentieren, wird zu einer entscheidenden Aufgabe, der sich das Forschungsprojekt BioWaWi (Biodiversität und Wasserwirtschaft)mit Hilfe von Spaziergängern und moderner Technologie widmet. Ziel des Projekts ist es, Artenvielfalt und den Zustand unserer Wasserschutzgebiete zu überwachen, um sie dann besser schützen zu können. Und jede(r) kann dabei helfen.

Citizen Science per App

Das Herzstück des Projekts ist eine App, die es jedem ermöglicht, Teil der wissenschaftlichen Forschung zu werden. Eine Minute Tonaufnahme, ein kurzes Foto – schon ist man dabei.

Man kann eben die Biodiversität, also die Artenvielfalt sehr schön daran sehen - oder vielmehr hören - wie viele verschiedene Tiere singen oder Geräusche machen. Und das ist unser Ansatz: Praktisch dieses Vogelkonzert oder Heuschreckenkonzert mit Landschaftseigenschaften in Beziehung zu setzen.

Die Citizen Science-App kann dabei helfen, seltene Arten in Wasserschutzgebieten zu erkennen und besser zu schützen. Jeder kann die App beim Spaziergang nutzen und Ton- oder Bildaufnahmen hinzufügen. Wer Vogelarten gut kennt, kann diese ebenfalls eintragen. (Foto: SWR, Veronika Simon)
Jeder kann die App beim Spaziergang nutzen und Ton- oder Bildaufnahmen hinzufügen. Wer Vogelarten gut kennt, kann diese ebenfalls eintragen.

Gisela Wachinger betont die Bedeutung der Vielfalt dieser Aufnahmen: "Es ist unmittelbar wissenschaftlich relevant und auch wissenschaftlich nachprüfbar, weil: Soundaufnahmen lügen nicht. Und man kann die archivieren." Diese Aufnahmen dienen der Schulung einer Künstlichen Intelligenz, die später anhand der Geräusche erkennt, wie viele verschiedene Arten in der Umgebung vorkommen.

Biodiversiät und Artenschutz- Alles hängt zusammen

Im Bühler Wasserschutzgebiet setzt das BioWaWi-Projekt gemeinsam mit dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) auf eine umfassende Untersuchung. An zehn Wetterstationen werden Niederschlag, Wind und Bodenfeuchte gemessen. Die Daten sind entscheidend, denn, wie Tino Degenhardt, Doktorand am KIT, erklärt:

Die Biodiversität hängt natürlich auch mit dem Boden direkt zusammen, durch die Trockenheit. Leidet der Boden, leidet die Vegetation, leidet die Vogelwelt zum Beispiel.

Das Bild zeigt Tino Degenhardt als er Bodenproben sammelt. (Foto: SWR, Veronika Simon)
Tino Degenhardt sammelt Bodenproben im Wasserschutzgebiet bei Bühl. Zusammen mit den Wetterstationen werden so wichtige Daten gesammelt, die später im Labor ausgewertet werden.

Bodenproben und Kohlenstoffmessungen ermöglichen Vorhersagen darüber, wieviel Regen ein Gebiet speichern kann

Im Labor des KIT werden Proben aus dem Bühler Umland auf ihren Kohlenstoffgehalt hin untersucht. Die Forschenden erhitzen die Erde auf über eintausend Grad Celsius, um den Kohlenstoffgehalt zu bestimmen. Dieser spielt eine entscheidende Rolle, da Kohlenstoff Wasser im Boden festhalten kann. Die Kenntnis darüber ist essenziell, um vorhersagen zu können, wie viel Regen ein bestimmtes Gebiet speichern kann.

Das Bild zeigt Tino Degenhardt im Labor. Am KIT werden die Bodenproben untersucht. (Foto: SWR, Veronika Simon)
Im Labor am Karlsruher Institut für Technik (KIT) werden regelmäßig Bodenproben untersucht, um Veränderungen festzustellen.

App als Schlüssel zur Umweltüberwachung

Die erhobenen Daten sollen nicht nur der Forschung dienen, sondern auch den Wasserwerken in Bühl einen besseren Überblick über den Wasserhaushalt und die Artenvielfalt verschaffen. Die App und die damit gesammelten Tonaufnahmen könnten dabei helfen, diesen Überblick zu erleichtern. Gisela Wachinger hebt die Hoffnung hervor, dass die App den behördlichen Naturschutz vereinfachen könnte: "Auch Laien können durch die Soundaufnahmen nachprüfbar zeigen: Hier ist eine große Biodiversität. Oder auch: Hier hat sich etwas verändert."

Sammeln von Daten wichtig für den Schutz der Biodiversität

Die Daten, die durch das BioWaWi-Forschungsprojekt gewonnen werden, sind nicht nur für Bühl von Bedeutung. Die bisher dünnen Informationen über Wasserschutzgebiete könnten auch anderen Kommunen helfen, die Artenvielfalt zu beobachten und zu schützen. Die Erkenntnisse aus Bühl könnten somit einen wichtigen Beitrag leisten, um biodiverse Gebiete zu identifizieren und zu schützen.

Das Bild zeigt Gisela Wachinger, die eine Aufnahme mit der App macht. (Foto: SWR, Veronika Simon)
Gisela Wachinger hat die App selbst ausprobiert und demonstriert, wie sie funktioniert.

Das BioWaWi-Forschungsprojekt in Bühl zeigt, dass Bürgerbeteiligung und moderne Technologie Hand in Hand gehen können, um unsere Umwelt zu schützen. Die Forschung profitiert von der breiteren Datenerfassung durch Citizen Science und die beteiligten Bürger und Bürgerinnen nehmen aktiv teil an der Bewältigung ökologischer Herausforderungen.

Jede Soundaufnahme und jedes Foto, eingebettet in die Künstliche Intelligenz, trägt dazu bei, die Vielfalt der Natur zu bewahren und gleichzeitig die Verbindung zwischen Mensch und Umwelt zu stärken.