Raumfahrt

ISS – Russisches Modul kommt mit 12 Jahren Verspätung an

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AUTOR/IN
Uwe Gradwohl
ONLINEFASSUNG
Antonia Weise

Mit 12 Jahren Verspätung wurde ein russisches Modul an die ISS angedockt. Ein Stück ISS-Ausbau, obwohl bereits über das Betriebsende der gealterten Station spekuliert wird.

Nauka ist das neue Modul der ISS

Das neue russische Modul trägt den Namen Nauka, was auf Deutsch Wissenschaft bedeutet. Nauka hat eine sehr lange Vorgeschichte, denn mit dem Bau des Moduls wurde bereits 1995 begonnen. Ursprünglich war es als Ersatzmodul gedacht – für den Fall, dass das erste, sehr wichtige und aus Russland stammende, zentrale Segment der ISS beim Start abstürzen würde. Doch der Start klappte, das Ersatzmodul war damit überflüssig. Aber es war bereits zu 70 Prozent fertiggebaut. Was also tun?

ISS-Modul war bereits fast fertiggestellt

Man entschied, das fast fertige Modul zum Forschungslabor umzubauen. Doch das erwies sich als schwieriger als gedacht, der Umbau geriet immer wieder ins Stocken.

Nauka-Modul vor dem Start in Baikonur (Foto: Pressestelle, NASA)
Das 23 Tonnen schwere Nauka-Modul vor dem Start in Baikonur, Kasachstan.

Der erste Starttermin 2009 verstrich und auch die darauffolgenden Termine in den Jahren 2014 und 2019. Für die Europäische Raumfahrtbehörde waren das unerfreuliche Nachrichten, denn auf Naukas Start wartete jahrelang auch der europäische Roboterarm, der mit dem Forschungsmodul zur ISS fliegen sollte.

Nauka nach langer Zeit endlich im All

Erst 26 Jahre nach Baubeginn erreichte das Modul den Weltraum. Der Weg zur ISS war aber nochmals mühsam. Der Grund: Seine Haupttriebwerke funktionierten nicht wie geplant. Doch durch den Einsatz der schwächeren Manövrierdüsen anstatt des ausgefallenen starken Haupttriebwerks gelang es den russischen Technikern doch noch, Nauka zur ISS zu bugsieren. Am 29. Juli 2021 gegen 15 Uhr MESZ wurde Nauka erfolgreich an der ISS festgemacht.

Trägerrakete mit dem Nauka-Modul hebt ab (Foto: picture-alliance / Reportdienste, dpa Bildfunk, picture alliance/dpa/Roscosmos Space Agency Press Service/AP | Uncredited)
Eine Proton-M-Trägerrakete mit dem Nauka-Modul hebt von der Startrampe im russischen Weltraumbahnhof Baikonur in Kasachstan ab.

Um Nauka andocken zu können, musste ein seit 20 Jahren an die ISS angedocktes kleineres russisches Modul Platz machen und abgekoppelt werden. Es wurde von einem Raumfrachter in die Erdatmosphäre gezogen und ist dort verglüht. Ein kleines Stück der ISS wurde also verschrottet und ein etwas Größeres dafür angebaut. Länger wird die ISS dadurch aber nicht, weil Nauka seitlich an die lange Reihe der ISS-Module angebaut wird.

Russland nun auch mit einem Labor im All

Im Gegensatz zu Amerikanern, Japanern und Europäern hatte Russland bislang nur wenig Laborkapazitäten im All und engagierte sich hauptsächlich in der Erdbeobachtung und in der technischen Pflege seines Teils der ISS. Doch von nun an verfügt auch Russland über ein richtig großes Labor im All. Nach mehr als zwei Jahrzehnten ist der Bau des russischen Teils der ISS damit vollendet.

Der Roboterarm mit dem Nauka-Modul (Foto: picture-alliance / Reportdienste, dpa Bildfunk, picture alliance/dpa/ESA | D.Ducros)
Der Roboterarm wurde von der ESA gebaut. Schon vor Jahren sollte er zusammen mit dem russischen Forschungsmodul zur ISS fliegen.

Nauka könnte sogar noch eine richtig große Raumfahrtkarriere machen. Denn sollte die ISS Ende des Jahrzehnts aufgegeben und kontrolliert zum Absturz gebracht werden, könnte sich Nauka zuvor von der ISS lösen und zum ersten Bauteil einer neuen russischen Raumstation werden.

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