Schild mit der Aufschrift "Öl-Embargo" vor den Fahnen der EU und Russland. (Foto: IMAGO, IMAGO / Christian Ohde)

Öl-Embargo und die Folgen

Erdöl ist mehr als nur Kraftstoff

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Anja Braun
Anja Braun, Reporterin und Redakteurin SWR Wissen aktuell. (Foto: SWR, Christian Koch)
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Ralf Kölbel
Ralf Kölbel, Online-Redakteur bei SWR Wissen aktuell sowie Redakteur bei SWR2 Wissen. (Foto: SWR, Christian Koch)

Wenn es um das Erdöl-Embargo geht, dann schauen viele Menschen vor allem auf Spritpreise an den Tankstellen. Doch Erdöl und die daraus gewonnenen Derivate und Baustoffe stecken in vielen Produkten drin – auch in manchen, in denen wir es nicht vermuten.

Erdöl steckt auch in Medikamenten und Kleidern

Erdöl wird nicht nur zum Heizen benutzt und für den Tank, sondern ist auch in unseren Medikamenten, in unseren Kleidern und vielen Alltagsgegenständen. Denn Erdöl ist eigentlich ein Sammelsurium aus vielen unterschiedlichen Bestandteilen. Mindestens fünfhundert verschiedene Verbindungen, hauptsächlich aus Kohlenstoff und Wasserstoff, sind darin enthalten.

Eine Frau hält einen Berg aus Kleidung in ihren Armen. (Foto: IMAGO, IMAGO / PA Images)
Auch in unsren Kleidungsstücken finden sich Erdöl-Derivate, zum Beispiel in Strumpfhosen, Badehosen und Sportkleidung.

In Raffinierien wird Erdöl in Einzelbausteine aufgespalten

In seiner Rohform können wir Öl für gar nichts gebrauchen. Deshalb werden in der Raffinerie die wichtigsten Stoffe voneinander getrennt. Da die Verbindungen im Rohöl bei unterschiedlichen Temperaturen kochen, können einzelne Bestandteile des Öls der Reihe nach abgefangen werden: Das nennt sich fraktionierte Destillation. Getrennt werden Benzin und Diesel, Heizöl und Kerosin, aber auch Naphtha, das Rohbenzingemisch.

Pipelines in der bp Ruhr Oel GmbH Raffinerie in Gelsenkirchen Horst. (Foto: IMAGO, IMAGO / Jochen Eckel)
In dieser Erdölraffinerie in Gelsenkirchen Horst wird Erdöl in seine verwertbare Bestandteile getrennt.

Auch in Plastikflaschen steckt der Rohstoff Erdöl

Naphtha ist das Ausgangsmaterial für Kunststoffe und der Grundstoff für fast alle chemischen Produkte. In Deutschland benötigen rund 90 Prozent aller chemischen Produkte Erdöl bzw seine Baustoffe. Zum Beispiel Plastikflaschen: Sie werden aus Polyethylenterephthalat – kurz PET – geblasen, einem sehr robusten Kunststoff.

Aufgereihte Plastikflaschen von oben. (Foto: IMAGO, IMAGO / Shotshop)
PET-Flaschen werden aus Erdöl hergestellt.

Erdöl steckt auch in Badehosen oder Strumphosen

Und auch in unserer Kleidung findet sich Erdöl bzw. seine Derivate: Denn oft wird der Baumwolle Polyamid – das ist auch ein Nebenprodukt aus der Erdölfraktionierung – zum angenehmeren Tragen beigemischt. In hoher Konzentration findet sich Polyamid in den elastischen Fasern von Strumpfhosen, Badesachen und in Sportkleidung.

Auch in vielen Medikamenten steckt Erdöl als Rohstoff

Und selbst in der Medizin werden häufig Erdölderivate genutzt. So zum Beispiel in der Medikamentenproduktion. Etwa neun von zehn Tabletten werden heute aus Erdöl-Derivaten hergestellt. So ist in einer Aspirin-Tablette zum Beispiel Benzol verarbeitet, ein aus Öl gewonnener Baustein. Und das Schmerzmittel Ibuprofen besteht zu 100% aus Erdölderivaten.

Nahaufnahme einer Hand, die eine Tablette hält.  (Foto: IMAGO, IMAGO / Science Photo Library)
Auch in Medikamenten ist Erdöl enthalten. Etwa neun von zehn Tabletten werden aus Erdöl-Derivaten hergestellt.

Erdöl steckt auch in Matratzen, Shampoo oder Kaugummi

Erdöl ist aber auch in vielen Alltagsprodukten wie Shampoo, Waschmittel, Seife, Haarspray, Zahnbürste, Cremes und Make-Up. Aber auch in Kreditkarten, Fernsehern, Handys und Rechnern. Ein weiteres Nebenprodukt aus Erdöl ist Polyurethan. Es bildet den Ausgangsstoff für Schaumstoffe – zum Beispiel für Matratzen oder Sofas.

Nicht zuletzt ist Erdöl auch in fast allen modernen Kaugummis verarbeitet. Sie bestehen fast ausschließlich aus synthetischen Rohstoffen. Den „Gummi“-Anteil bilden dabei in der Regel Polymere auf Erdölbasis.

Größter Anteil wird in der Baubranche eingesetzt

Doch der größte Teil, nämlich 60 Prozent des in Deutschland aus Erdöl produzierten PVC wird allerdings in der Baubranche eingesetzt, zum Beispiel für Fenster, Rohre, Dachbahnen, Kabel und Bodenbeläge.

Zusammengerollte bunte PVC-Rohre werden für die Baubranche eingesetzt. (Foto: IMAGO, IMAGO / Photoshot/Construction Photography)
Polyvinylchlorid – kurz PVC – wird aus Erdöl hergestellt und in vielen Formen in der Baubranche eingesetzt, zum Beispiel für Rohre.

Für Autos und Heizungen gibt es bereits Alternativen zum Erdöl, bei Plastik bisher nicht wirklich: Materialien aus nachwachsenden Rohstoffen sind nicht so robust, sie zersetzen sich früher oder später.