Kunststoff

Könnte man mehr Plastik aus Pflanzen statt aus Erdöl herstellen?

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Gábor Paál
Gábor Paál (Foto: SWR, Oliver Reuther)

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Bio-Kunststoffe sind nach wie vor eine winzige Nische. Das meiste Plastik ist aufgrund der geringeren Produktionskosten aus Erdöl. Rein technisch ist es nicht schwer, Bioplastik herzustellen. Die Natur liefert genügend Ausgangsmaterialien – Öle, Zuckermoleküle, Stärke – aus denen sich Kunststoff herstellen lässt. Aber die Prozesse sind schlicht noch zu teuer – zumindest dann, wenn am Ende Kunststoff derselben Qualität herauskommen soll, wie sie Erdöl liefert.

Bio-Plastik ist ökologisch nicht unbedingt besser

Aus ökologischer Sicht sind Bio-Kunststoffe auch nicht unbedingt ein Vorteil, zumindest dann nicht, wenn dafür extra Pflanzen angebaut werden müssen. Denn die brauchen Dünger und Wasser, Felder werden mit Traktoren bearbeitet müssen mit Pestiziden gespritzt werden.

Das ist ähnlich wie beim Biosprit: Wenn man extra Mais, Zucker oder Ölpalmen anbauen muss, um Biosprit zu bekommen, ist die Ökobilanz sehr fragwürdig. Und genauso ist es, wenn man Pflanzen extra anbaut, um Kunststoff herzustellen. Das ist eigentlich nur dann ökologisch vertretbar, wenn es sich um organische Reststoffe handelt.

Plastik aus organischen Reststoffen

Ein Beispiel ist Weizenkleie. Weizenkleie ist ein Abfallprodukt bei der Mehlherstellung. An der TU München läuft ein Projekt, aus Weizenkleie einen bestimmten Kunststoff herzustellen – Polyhydroxybutyrat (ID 20400664). Darüber hat SWR Odysso kürzlich berichtet.

Von solchen Projekten hört man immer wieder, man muss abwarten, was daraus wird. Vor ein paar Jahren haben dänische Forscher angekündigt, Kunststoff aus Schweineurin herzustellen. Im Urin ist Harnstoff enthalten, aus dem sich Harnstoffharz herstellen ließe. Aber seit dieser Ankündigung im Jahr 2010 ist es sehr still darum geworden, da es sich als schwerer rausgestellt hat als gedacht.

Die Hürden

Um die Probleme zu verstehen, muss man sich klarmachen, was Kunststoffe sind. Es sind organische Polymere. Organisch heißt, sie bestehen aus Kohlenstoffverbindungen. Polymer wiederum bedeutet, die Verbindungen zeichnen sich dadurch aus, dass sie aus vielen – „poly“ – gleichen Basismolekülen bestehen. Liegen diese Basismoleküle einzeln vor, spricht man von Monomeren. Die sind oft flüssig oder gasförmig. Diese Monomere werden dann zu großen Molekülen zusammengefügt – die Polymere. Und je nachdem, um welches Basismolekül es sich handelt, spricht man dann zum Beispiel von Polyamid, von Polyethylen – daraus besteht meist unsere gewöhnliche Plastikfolie – oder von Polyethylen terephtalat – das kennen wir als PET, z.B. von den berühmten PET-Flaschen.

Will man jetzt Bio-Kunststoffe herstellen, besteht die Kunst darin, aus den natürlichen Ressourcen geeignete Monomere herzustellen, die man dann zu Polymeren zusammen bauen kann. Es gibt viele Beispiele, dass das prinzipiell geht, aber zu ineffizient ist. So kann man zum Beispiel Zucker mithilfe von Bakterien in Styrol und damit Polystyrol verwandeln – also in das, was wir als Styropor kennen. Allerdings stellte sich heraus, dass das Endprodukt giftig wirkt auf die eingesetzten Bakterien. Das heißt, der Prozess bricht schnell zusammen. Vielleicht lassen sich die Bakterien genetisch so verändern, dass es doch funktioniert, aber das Beispiel zeigt, wie mühsam das ist.

Positives Beispiel: Polylactide

Es gibt ein Beispiel für einen marktfähigen Biokunststoff: Polylactide. Die findet man z.B. in Teebeuteln. Wenn Sie in einem Hotel oder Restaurant Tee in pyramidenförmigen Beuteln aus Kunststoffgewebe bekommen, dann ist das nicht Nylon, sondern Polylactid.

Dieser Kunststoff wird aus Milchsäure hergestellt und ist biologisch abbaubar. Er wird weltweit inzwischen in großem Maßstab hergestellt, natürlich nicht nur für Teebeutel. Polylactide werden zunehmend auch in Textilien und Verpackungen eingesetzt, und sie gelten als mögliche Alternative zu PET. Das wäre toll, denn PET-Flaschen sind gesundheitlich umstritten. Allerdings haben Polylactide gegenüber PET auch technische Nachteile und sind teurer, deshalb haben sich noch nicht durchgesetzt.

Aber der Markt für Polylactide wächst, da steckt jahrzehntelange Entwicklungsarbeit dahinter. Polylactid ist aber nicht für alle Zwecke einsetzbar.
Übrigens: Ob das Ausgangsmaterial Erdöl ist oder der Kunststoff aus biologischen Quellen stammt, sagt nichts über die Abbaubarkeit. Das ist ebenfalls ein wichtiges Forschungsthema.