Eine Uhr mit einem Pfeil, der das Zurückstellen andeutet (Foto: IMAGO, Christian Ohde)

Schlafforschung

Das sagt die Forschung zur Zeitumstellung

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Anja Braun
Anja Braun, Reporterin und Redakteurin SWR Wissen aktuell. (Foto: SWR, Christian Koch)
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Ab dem 29. Oktober gilt wieder die Winterzeit und die Uhr wird um eine Stunde zurückgestellt. Eigentlich sollte die Umstellung abgeschafft werden – darauf hatte man sich europaweit längst geeinigt. Nicht aber, ob es dauerhaft bei der Sommer- oder Winterzeit bleiben soll. Was sagt die Forschung dazu?

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In Kürze ist wieder Winterzeit: Mit der Zeitumstellung in der Nacht vom 28. auf den 29. Oktober gewinnen wir eine Stunde. Für unseren Körper ist die Umstellung zunächst belastend, auf Dauer kann er sich aber an den neuen Rhythmus anpassen.

Europaweit hatte man sich längst darauf geeinigt, auf das Umstellen der Zeit im Frühjahr und Herbst auf lange Sicht zu verzichten. Doch es wird darum gerungen, bei welcher Zeit es dauerhaft bleiben soll – eine ewige Winter- oder Sommerzeit? Die Deutschen sind laut Umfragen für eine dauerhafte Sommerzeit.

Dauerhafte Winter- oder Sommerzeit: Das sagt die Forschung

In der Schlafforschung ist die Aussage der Mehrheit ganz klar: Die Winterzeit, auf die jetzt am Wochenende umgestellt wird, ist besser für uns. Das erklärt Schlafforscher Albrecht Vorster von der Universitätsklinik für Neurologie in Bern so: 

Die Winterzeit ist die Normalzeit, bei der die Sonne mittags um 12 Uhr ihren höchsten Punkt erreicht. Dabei geht die Sonne im Jahresmittel morgens um 6 Uhr auf und abends um 6 Uhr unter. In der künstlichen Sommerzeit, die wir 1980 eingeführt haben, verschieben wir das Ganze.

In beiden Tagen nach der Zeitumstellung im März, durch die wir eine Stunde früher aufstehen müssen, würden nachweislich mehr Krankenhauseinweisungen gemessen, weil es ungesund sei, plötzlich früher aufzustehen, erklärt Vorster weiter.

Für späte Chronotypen ist die Zeitumstellung besonders schwer

Außerdem hat die Umstellung auf die Sommerzeit keine wirtschaftlich positiven Effekte und benachteiligt die späten Chronotypen – die sogenannten Eulen. Diese Menschen würde sich umso schwerer tun, je früher der Tag losgeht, sagt Michael Schredl, Schlafforscher am Zentralinstitut für seelische Gesundheit in Mannheim:

Wir wissen aus Studien, dass eben diese Chronotypen am Vormittag, je früher es ist, umso schlechtere kognitive Leistungen zeigen und insofern benachteiligt sind. Deshalb gab es in England und auch in Deutschland bereits Studien, laut denen die Schule später anfangen sollte, um diese Benachteiligung aufzufangen. Die ewige Sommerzeit ist somit der Schritt in die falsche Richtung.

Ein Mann im Bett kneift die Augen zusammen und legt die Hand auf sein Gesicht (Foto: IMAGO, Westend61)
Besonders für den Chronotyp "Eule", also Menschen, die eher abends noch produktiv sind und sich morgens meist schwer mit dem Aufstehen tun, ist die Zeitumstellung belastend.

Und wenn schon Umstellung auf Sommerzeit, dann doch bitte einen Monat später – findet Schlafforscher Vorster. Er plädiert dafür, dass die Zeitumstellung nicht in der letzten Märzwoche stattfinden sollte, sondern in der letzten Aprilwoche.

In der letzten Märzwoche tut es deutlich mehr weh, weil wir dann für ein bis zwei Wochen wieder im Dunkeln aufstehen müssen, weil die Sonne durch die Zeitumstellung zu dem Zeitpunkt noch nicht aufgegangen ist. Und ohne Sonnenlicht am morgen aufzustehen, fällt uns immer sehr schwer.

Es braucht nach der Zeitumstellung andere Zeitgeber als das Licht

Die Schlafforschung vergleicht die Uhrumstellung oft mit einem Jetlag. Der Unterschied liegt darin, dass der Körper sich auf die Winter- bzw. Sommerzeit einstellen muss – und dabei anders als beim Reise-Jetlag am selben Ort bleibt. Das bedeutet, es gibt keinen neuen Hell-Dunkel Rhythmus.

Die Sonne wird ja nicht um eine Stunde verschoben, sondern man muss seinen eigenen Rhythmus gegen die Sonne verschieben. Da braucht es andere Zeitgeber, nicht das Licht, sondern unter anderem körperliche Aktivität und die Mahlzeiten. Dann braucht der Körper – je nachdem, wie gut man das verkraftet – eine Woche, bis er sich umstellt.

Mittlerweile gibt es auch in Deutschland zahlreiche Melatonin-Produkte – vor allem Sprays, die damit beworben werden, dass das körpereigene Schlafhormon Melatonin gut verträglich sei und bei Einschlafproblemen und Jetlag helfen könne. Schlafforscher Schredl hält es daher nicht für abwegig, Melatonin auch zur Abmilderung der Uhrumstellung einzunehmen. Studien gibt es dazu aber noch keine.

Generell macht die Zeitumstellung im Herbst auf die Winterzeit weniger Menschen Probleme, da wir dabei eine Stunde geschenkt bekommen und für einen Tag eine Stunde länger schlafen können. Trotzdem gilt auch hier der Rat, in der ersten Woche nach der Uhrumstellung weniger streng mit sich selbst zu sein – und häufiger nach draußen zu gehen und Sonne zu tanken. Das helfe, sich besser an die Zeitumstellung anzupassen. 

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