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Warum haben Adelige "blaues Blut"?

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Gábor Paál
Gábor Paál (Foto: SWR, Oliver Reuther)

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Blaue Adern schimmern durch die vornehm blasse Haut

Der Ausdruck "blaues Blut" hat seinen Ursprung wohl in Spanien ("sangre azul"). Das hat mit den Adern zu tun, die bläulich durch die Haut schimmern. Die Spanier haben ja im Schnitt etwas dunklere Haut als die Mittel- und Nordeuropäer. Allerdings hat der spanische Adel viele nordeuropäische Einflüsse. Das ging los mit den westgotischen Königen, später kamen dann die Habsburger. Dieser Adel war somit etwas blasser als der Rest der Bevölkerung. Und er tat einiges, um blass zu bleiben, denn Blässe galt früher als etwas Nobles. Also mieden die Adligen das Sonnenlicht. Die Folge dieser betonten Blässe war, dass die Adern der Adeligen besonders auffallend – und eben blau – durch die Haut schimmerten.

Spanischer Adel hebt sich durch noble Blässe vom Volk ab

Manche Adelsforscher behaupten auch, dass gerade nach der Reconquista – der Vertreibung der Mauren – viele Adlige darauf geachtet hätten, dass man ihre blauen Adern auch schön sieht, damit klar ist, wie "reinblütig" sie sind, dass sie nicht irgendwelche maurischen, dunklen Einflüsse haben – die Welt war damals ja doch noch etwas rassistischer als heute.

Bluterkrankheit im europäischen Adel

Eine zweite Erklärung geht in eine ähnliche Richtung und bringt die Bluterkrankheit ins Spiel, die in den europäischen Adelshäusern relativ häufig auftritt. Vor allem in der Erbfolge der berühmten Königin Victoria von England. Bei ihr ist belegt, dass sie Trägerin des Bluter-Gens war. Ihr Sohn Leopold war Bluter, und er und zwei weitere Töchter haben es ihrerseits weitergegeben.

In der Nachkommenschaft von Victoria geht ja auch ein Zweig nach Spanien. Victorias Enkelin Eugenie vermählte sich mit dem spanischen König Alfonso XIII. und ist somit Urgroßmutter des heutigen spanischen Königs Felipe VI. Zumindest dessen Großvater war ebenfalls Bluter, so viel weiß man.

In diesem ganzen verzweigten viktorianischen Adelsgeschlecht, das von Spanien bis zu den russischen Zaren reichte, tritt die Bluterkrankheit also relativ gehäuft auf. Nun ist das Blut von Blutern auch nicht "blauer" als anderes. Aber: Bluter sind gelegentlich blasser. Einfach auch deshalb, weil sie sich – vor allem früher – weniger draußen aufhielten, um sich vor möglichen Verletzungen zu schützen. So könnte auch bei ihnen die durchschimmernden Adern ein besonders auffallendes Merkmal gewesen sein.  

Der Haken an dieser Erklärung ist allerdings der Zeitpunkt: Die Hochzeit von Eugenie mit Alfonso erfolgte 1906. Aber der Ausdruck "blaublütig" oder "blue blood" im Englischen hatte sich offenbar schon knapp hundert Jahre zuvor etabliert. Insofern hätte der "Blutereffekt" allenfalls das Bild vom "blaublütigen" Adel unterstützt.

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