Weltweit gibt es etwa fünfmal mehr Hobbyangler als Berufsfischer. Bisher berücksichtigen internationale Schutzmaßnahmen diese 220 Millionen Angler kaum. In Deutschland gehen etwa 3 Millionen Menschen in ihrer Freizeit angeln – an Flüssen, Seen oder auch im Meer.
Angeln im Meer: Eine bisher unterschätzte Größe
In anderen Ländern wie den USA, Australien und Neuseeland ist es schon seit etwa 30 Jahren üblich, Fangquoten für bedrohte Fischarten gleichermaßen auf Berufsfischer und Freizeitangler zu verteilen. Nicht so in Deutschland.
Bis vor kurzem wurden die Fänge der Meeresangler kaum beschränkt, weil niemand genau wusste, wieviel Fisch sie aus Nord- und Ostsee holen. Erst seit einigen Jahren sammelt das Thünen-Institut im Rahmen eines Forschungsprojektes der EU regelmäßig Daten. Die Ergebnisse zeigen, dass Fachleute die Fänge der Angler drastisch unterschätzt hatten.
Dabei können dann ein, zwei Millionen Dorsche pro Jahr rauskommen.
2017 wurden erstmals auch die Fänge der Angler bei den Fangquoten berücksichtigt. Vor diesem Zeitpunkt fingen Freizeitangler jährlich zwischen 50 und 70 Prozent der Menge an Dorschen, die Berufsfischer bereits aus der Ostsee holen. Diese 50 bis 70 Prozent kamen zu den Fängen der Berufsfischer hinzu und wurden bei den früheren Fangquoten nicht berücksichtigt. Und das bei einer stark bedrohten Fischart.“
Heute fangen die Freizeitangler auch dank der Fangquoten nur noch gut ein Drittel dessen, was die deutschen Berufsfischer fangen.
Proteste durch den WWF und Naturschutzbund vergeblich
Die Daten, die das Thünen-Institut erhebt, gehen an den Internationalen Rat für Meeresforschung, kurz ICES. Auf der Basis der jeweils aktuellen Daten empfiehlt der ICES jährlich den einzelnen Ländern bestimmte Fangbeschränkungen für bedrohte Fischarten.
Ob sie den Empfehlungen folgen, entscheiden allerdings die Länder selbst bzw. in der EU der Ministerrat. Und der erlaubt häufig deutlich höhere Fangzahlen – so auch beim Dorsch. Dagegen protestieren Organisationen wie der WWF und der Naturschutzbund Deutschland immer wieder – und meist vergeblich.
Bedrohung vor allem für Binnengewässer
In Binnengewässern wie Seen und Flüssen fangen Freizeitangler sogar wesentlich mehr Fisch als die Berufs-Fischer
80 Prozent aller Seen in Deutschland sind geschädigt
Seit Jahren tauchen Mitarbeiter des NABU zusammen mit Sporttauchern überall in Deutschland in Seen, um ihre Unterwasservegetation und damit ihren ökologischen Zustand zu dokumentieren. „Tauchen für den Naturschutz“ nennt sich dieses Projekt. Es wurde 2013 vom Bundesamt für Naturschutz ausgezeichnet.
Die Erfahrungen der Taucher bestätigen den aktuellen Bericht der EU-Wasserrahmenrichtlinie: Danach sind nur noch knapp 20 Prozent aller Seen in Deutschland ökologisch intakt. Deutschland liegt damit an 25. Stelle der 28 EU-Staaten.
Kleine Fische, große Fische – Verfehlte Vorgaben
Die Fischereibehörden beschränken häufig nicht nur die Zahl der Fische, die pro Angeltag gefangen werden dürfen. Angler dürfen Fische auch erst ab einer jeweils festgelegten Mindestgröße mitnehmen. Kleinere Fische müssen sie zurück ins Wasser werfen. Doch Fachleute haben herausgefunden, dass es eigentlich wichtiger wäre, die großen Fische am Leben zu lassen.
Das so genannte Entnahmefenster - die kleinen und die großen Fische schonen, nur die mittleren entnehmen - wird viel diskutiert. Aber bisher erst vereinzelt in nur wenigen Bundesländern angeordnet. Etwa in Hamburg für Zander, Hecht und Forelle. Gegen Überfischung helfen würde also bereits, wenn weniger Angler so ehrgeizige Ziele anstrebten: Zu viele wollen möglichst viele und möglichst große Fische begehrter Arten fangen.
Schutzexperimente an Baggerseen
An acht Baggerseen testen Wissenschaftler des Berliner Leibniz-Institutes für Gewässerökologie und Binnenfischerei und Angler des Anglerverbandes Niedersachsen gemeinsam, wie sie in Baggerseen bessere Lebensbedingungen für Pflanzen und Tiere schaffen können. In einem funktionierenden Ökosystem produzieren die Tiere mehr Nachbrut, so der Gedanke. Das Projekt könnte als Vorbild dafür dienen, wie Angler Ökosystem und Fischbestand in Angelgewässern bewahren oder verbessern können.
Zusammen mit Anglern haben die Wissenschaftler auch Hunderte von Totholzbündeln in den Meitzer See und weitere Baggerseen gesetzt. Das sind große zusammengebundene Ballen aus langen Ästen und dünnen Baumstämmen. Diese Bündel sollen die Funktion der noch fehlenden Wasserpflanzen übernehmen.