Musikstück der Woche

Das Minetti Quartett spielt Mendelssohns Streichquartett op. 12

Stand
Autor/in
Bettina Müller-Hesse

Das erste Verliebt-Sein, Schmetterlinge im Bauch, Bangen und Sehnen. Wohin mit seinen Gefühlen, wenn die Angebetete unerreichbar ist? Ein Streichquartett wäre eine Lösung, denkt sich der junge Felix Mendelssohn-Bartholdy und webt seine Liebe ein in wunderschöne Kammermusik.

Felix Mendelsshon ist 18. Die Frau seiner Träume heißt Betty Pistor. Er kennt Betty schon lange, immerhin ist sie die Tochter der Berliner Nachbarsfamilie und Freundin seiner Schwester Rebecka. Betty, blonde Locken mit Seidenschleifen, singt im Chor der Berliner Singakademie, Felix begleitet am Klavier.

Heiße Blicke schickt er zu ihr. Dann die Chance, ihr noch näher zu sein, als er Bettys Vater über Wochen beim Ordnen alter Bach-Autographe hilft. Ob Betty endlich merkt, wie es um ihn steht?

B.P. – rätselhafte Initialen

„Nein“ dürfte die Antwort gewesen sein. Aber sonst wird es so ziemlich jeder mitgekriegt haben. Sein Liebeswerben geht über Jahre. Felix widmet Betty ein Lied, ein erstes Streichquartett. Nichts passiert.

Dann – 1829 – holt Felix zum erneuten Wurf aus: ein 2. Streichquartett in Es-Dur, auf das Notendeckblatt notiert er „Für B.P.“ Betty scheint die verschlüsselte Botschaft wieder nicht zu erreichen. Aber die Geschwister, die es in Liebesdingen ja oft schnell checken, ziehen ihn mit seinem „Quartett in B.P.-Dur“ auf.

Jakob „Ludwig“ Felix Mendelssohn

Auf den zweiten seiner Vornamen – Ludwig - ist Felix besonders stolz, denn so heißt sein großes Vorbild: Ludwig van Beethoven. Als Mendelssohn sein Quartett für Betty komponiert, setzt er sich intensiv mit den späten Streichquartetten des bereits verstorbenen Beethoven auseinander.

Vor allem die langsame Einleitung gleich im 1. Satz erinnert an ihn. Und doch ist das Quartett schon typisch Mendelssohn, etwa die Canzonetta, der 2. Satz: Wie ein Lied ohne Worte, leicht und doch von Traurigkeit überschattet. Als ahnte er, wie die ganze Sache mit Betty ausgehen würde.

Epilog

Betty entscheidet sich für einen anderen. „Willst du Neuigkeiten aus Berlin wissen?“, fragt er in einem Brief seinen Freund, den Geiger Ferdinand David. „Höre und erschrick´: Betty Pistor ist verlobt. Fatal verlobt!“ Für Felix bricht eine Welt zusammen. Er wird eine andere Liebe finden, aber was interessiert das einen mit 20?

Der Sohn von Betty Pistor erzählt in seinen Lebenserinnerungen, seiner Mutter sei nicht einmal klar gewesen, dass Felix ihr eines seiner schönsten Werke gewidmet habe…

Das Minetti Quartett

Das Minetti Quartett ist in Wien beheimatet und besteht seit 18 Jahren. Sein Name bezieht sich auf das Schauspiel „Minetti“ von Thomas Bernhard, der Schriftsteller hat in Ohlsdorf im Salzkammergut gelebt, wo auch die beiden Geigerinnen des Quartetts aufgewachsen sind, Maria Ehmer und Anna Knopp . Außerdem spielen im Minetti Quartett noch Milan Milojicic, Viola und Leonhard Roczek, Cello.

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Autor/in
Bettina Müller-Hesse