Wer ein Melodie-Instrument wie Geige, Querflöte oder Trompete spielt, kennt das Problem: Oft fehlt die Begleitung. Wo man früher einen Pianisten oder gar ein ganzes Orchester gebraucht hätte, sollen heute Apps Abhilfe schaffen. Mittlerweile arbeiten diese mit Künstlicher Intelligenz. So soll sich der virtuelle Klavierpartner an die eigene Interpretation anpassen. Zwei Querflötistinnen haben gängige Apps getestet.
Begleit-Apps mit künstlicher Intelligenz: Sinnvolle Lernergänzung?
Was können Begleit-Apps für Musiker? Das testen die beiden Querflötistinnen Marlene, 4 Jahre Erfahrung, und Mona, 10 Jahre Erfahrung.
Ausprobiert werden erst mal die Apps MyPianist und Cadenza Live. Beide arbeiten laut Hersteller mit Künstlicher Intelligenz, um sich zum Beispiel dem individuellen Tempo der Musizierenden an verschiedenen Stellen anzupassen. Beide Apps laufen auf Apple-Geräten, MyPianist bietet zusätzlich eine Beta-Version für Android-Handys an.
Mona und Marlene verschaffen sich erst mal einen Überblick über die App-Oberflächen: nach Instrumenten filtern, Noten suchen, Stücke öffnen, Stellen markieren, Tempo verändern, anhören. Die Apps bedienen klappt, sagt Mona: „Ich fand's gut. Man musste sich ein bisschen durchklicken, aber es ging, wenn man es sich ein bisschen angeschaut hat.“
MyPianist: Gamboy-Sounds und visuelle Startsignale
Zugegeben, da muss man sich reinfuchsen, um die Apps komplett zu verstehen und auch speziellere Funktionen anwenden zu können. Im Netz gibt es Erklärvideos, allerdings auf Englisch. Wenn denn dann mal alles eingestellt ist, kann es losgehen.
Bei MyPianist werden 1990er-Jahre-Gameboy-Erinnerungen wach. Aber dieser Sound ist ja nicht mehr zu hören, sobald die App nur noch die Begleitung übernimmt.
Ein Problem: Mona bekommt nur ein visuelles Startsignal auf dem Bildschirm. Helfen würde ihr eine Art Metronom, das hörbar einzählt. Nach wenigen Versuchen klappt es aber.
Cadenza: Verklingende Noten verleiten zum Weiterspielen
Jetzt Cadenza: Hier ist im Anhören-Modus kein Gameboy-Sound gewählt, stattdessen aber einer, der verklingt. Anfänger könnten daher bei Haltenoten dazu verleitet werden, zu kurz auszuhalten.
Marlene versucht es jetzt mit der Querflöte. Wenn sie den langen Ton hier gleich etwas zu kurz aushält, greift die KI ein: die Klavierbegleitung wird kurz deutlich schneller. Der Clou: Cadenza markiert hinterher Noten, die von der Intonation zu hoch oder zu tief waren. Das kann MyPianist nicht, schneller und langsamer werden geht aber auch hier.
Wenn die zwei Musikerinnen durch die Bibliotheken der Apps scrollen, fällt allerdings auf: „Ein paar Sachen sind schon ziemlich schwer“, meint Marlene und Mona stimmt zu: „Ich hab mir auch gedacht, da steht nicht dabei, wie schwierig es ist. Ich glaub, das ist schon für Fortgeschrittene.“
Metronaut: Breit gefächertes Repertoire für alle Spielniveaus
Daher hat Marlene auf ihrem Handy noch die App Metronaut. Auch dieses Programm arbeitet mit einem Abo-Modell und ist aktuell nur für Apple-Geräte erhältlich. Der Hersteller schreibt uns aber, man arbeite an Versionen für Android bis Ende des Jahres und fürs Web bis Sommer. Dann könnte man Metronaut auch per Computer benutzen.
Das Repertoire hier ist deutlich breiter gefächert. Neben klassischen Stücken gibt es auch Filmmusik oder Volkslieder, in verschiedenen Schwierigkeitsstufen arrangiert.
Das Fazit der Testerinnen
„Ich würd mir die glaub nicht holen, wenn ich Geld dafür ausgeben müsste, dann kann ich mir auch eine Klavierbegleitung hier in der Nähe besorgen“, meint Mona, „aber zum Üben für sich alleine ganz praktisch. Sonst braucht man immer mehr Proben, wenn man noch nie mit Begleitung gespielt hat.“
Die Repertoire-Auswahl gefällt Mona ganz gut. Bei Metronaut sei auch etwas für Anfänger*innen dabei, bei den anderen Apps gibt es Such-Möglichkeiten, etwa nach Komponisten.
Marlene findet die Apps eigentlich ganz praktisch, „weil man damit üben kann und man sieht, was man falsch gespielt hat. Das Klavier hört sich komisch an, wenn man falsch spielt, aber sonst finde ich sie ganz gut.“
Am besten das Repertoire vor dem Kauf einsehen
Mein Fazit: Ob sich eine solche App für einen lohnt, hängt davon ab, welches Instrument und auf welchem Niveau man spielt. Hier am besten das Repertoire vor dem Kauf einsehen und prüfen, ob Stücke für andere Instrumente auch für einen selbst transponiert werden können.
Außerdem sollte klar sein: Diese Apps sind kein Ersatz für menschliche Pianisten. Das schreibt zum Beispiel MyPianist auch ganz klar auf der eigenen Webseite. Aber man hat ja nicht immer eine menschliche Klavierbegleitung da.
Die Kosten: MyPianist hat die kleinste Bibliothek, aber die größte Auswahl in der kostenlosen Version. Es kommen immer wieder neue Noten dazu, der Fokus wird aber auch in Zukunft auf gemeinfreien Stücken klassischer Komponisten für fortgeschrittene Musiker liegen, schreibt man uns. Wer die Voll-Version möchte, zahlt bei MyPianist monatlich wie bei Cadenza etwa 5 Euro. Metronaut ist doppelt so teuer, hat aber auch deutlich mehr Auswahl.
Aus musikpädagogischer Sicht können solche Apps definitiv motivieren und man kann mit den kostenfreien Versionen schon eine ganze Menge machen. Deshalb der Tipp: Warum nicht einfach mal testen?
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