Im Jahr 1923 ging in Deutschland das erste Radioprogramm auf Sendung und damit gelangte klassische Musik in die Wohnzimmer von immer mehr Menschen. Gleichzeitig war das Jahr 1923 von Krisen geprägt: Hyperinflation, Besetzung des Ruhrgebiets und Hitlerputsch erschütterten das Land. Die Musik, die 1923 entstand, spiegelt die allgemeine Verunsicherung wider – und trumpft doch mit vielen neuen Ideen auf.
Das 2007 gegründete Schumann Quartett spielt auf seinem neuen, bei Berlin Classics erschienenen Album Musik von Schulhoff, Copland, Hindemith und Janáček, die auch ein politisches Statement abgibt. „Eine hellsichtige und brandaktuelle CD, die tiefen Ernst und bissigen Scherz gekonnt vereint“, findet Musikkritikerin Susanne Stähr.
Mehr zum Jahr 1923 in der Musik
Musikmarkt: Buch-Tipp Der Briefwechsel zwischen Ernst Krenek und Theodor W. Adorno
Im Juni 1923 wird in Kassel die Zweite Symphonie des erst 22-jährigen Komponisten Ernst Krenek uraufgeführt. Im Publikum sitzt ein 19-jähriger Philosoph mit ausgeprägten musikalischen Interessen. Er erlebt diese Aufführung als Schock: Theodor W. Adorno. Ein Jahr später lernen die beiden sich in Frankfurt persönlich kennen und beginnen bald darauf einen Briefwechsel, der jetzt in einer Neuauflage vorliegt. Christoph Vratz hat ihn für SWR2 Treffpunkt Klassik gelesen.
Buch-Tipp Alexander Gurdon: „Von Mahler bis Moskau - Der Dirigent und Komponist Oskar Fried“
Diese erste vollständige Biografie Oskar Frieds ist die Geschichte eines Getriebenen, vom Zirkusclown zum internationalen Dirigenten, vom politischen Komponisten zum Geheimagenten. Am Beispiel dieses engen Mahler-Freundes, der 1923 die erste Aufnahme seiner 2. Sinfonie leitete, zeigen sich die Mechanismen der künstlerischen Netzwerke seiner Zeit. Die Beschäftigung mit Fried wirft ein Schlaglicht auf das Innenleben des europäischen Kulturschmelztiegels – vom Kaiserreich bis zum Zweiten Weltkrieg, von der blühenden Kultur der Weimarer Republik bis in die Dunkelheit des Nationalsozialismus und der jungen Sowjetunion.