Radiogeschichte

90 Jahre Volksempfänger: Mehr als ein Propagandaapparat

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AUTOR/IN
Max Knieriemen

„Der Rundfunk gehört uns“ verkündete Joseph Goebbels im März 1933 vor den Intendanten der Reichsrundfunkgesellschaft. Der Rundfunk war damals das wichtigste Propagandainstrument, das hatte Joseph Goebbels richtig antizipiert, aber er gehörte eben nicht allein den Nazis.

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Rundfunk als zentrales Mittel zum Regieren

Deutschland 1933. Die Nazis hatten die Macht im Staat an sich gerissen, jetzt setzten sie alles daran, ihre Machtbasis zu festigen. Von zentraler Bedeutung war dabei der Arbeit des Reichspropagandaministers Joseph Goebbels.

„Der Rundfunk gehört uns“ verkündete er am 25. März 1933, direkt einen Tag nach Erlass des Ermächtigungsgesetzes, vor den Intendanten der Reichsrundfunkgesellschaft. Einige Monate später, am 18. August, stellte Goebbels auf der Berliner Funkausstellung nochmal klar, dass für ihn der Rundfunk ein zentrales Mittel zum Regieren war.

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Erschwingliches Massenprodukt

Dafür mussten die Massen erstmal ein Rundfunkgerät bekommen, denn zu diesem Zeitpunkt gab es nur etwa fünf Millionen Radios in Deutschland. Bei knapp 18 Millionen Haushalten, hatte wohl nicht einmal jeder dritte Deutsche Zugriff auf ein Radio.

Die Lösung dafür präsentierte Goebbels direkt auf der Funkausstellung: Den V.E. 301. - V.E. wie Volksempfänger und 301 nach dem Tag der Machtergreifung am 30.1.33. Goebbels hatte die deutschen Radiohersteller und Zuliefererbetriebe zur einheitlichen Produktion gezwungen, um Kosten zu sparen. Der Volksempfänger sollte ein erschwingliches Massenprodukt werden.

Radio wurde überlebenswichtig

In einem fürs Kino produzierten Zeichentrickfilm 1937 führen vermenschlichte Volksempfänger eine richtiggehende Invasion auf ein Dorf aus. Das Regime setzte alles daran so viele Haushalte, wie möglich mit Volksempfängern auszustatten.

Mit Erfolg: 1938 besaßen 12 Millionen Haushalte in Deutschland ein Radio. Das neue Medium wurde populär, auch weil dort nicht nur Parteitagsreden zu hören waren. Gerade unpolitische Bevölkerungsteile sollten durch den Volksempfänger erreicht werden.

Unterhaltungsshows wie der frohe Samstagnachmittag aus Köln sollten gute Stimmung verbreiten, eher indirekt die Loyalität zum Regime fördern. Aber schon bald wurde das Radio im Alltag überlebenswichtig.

Propagandainstrument, aber nicht nur

Bei Kriegsbeginn hatte fast jeder Haushalt ein Gerät und bis zum Aufstieg des Fernsehens in den 60er Jahren blieb das Radio das wichtigste Massenmedium. Der Anteil des Volksempfängers daran ist groß, aber auch nicht zu überschätzen.

Nur vier von zehn Radiogeräten im Reich waren Volksempfänger. Wer es sich leisten konnte, hatte ein sogenanntes „Großgerät“, und konnte damit weitgehend störungsfrei auch sogenannte Feindsender hören, obwohl das seit Kriegsbeginn unter Strafe stand.

Der Rundfunk war damals das wichtigste Propagandainstrument, das hatte Joseph Goebbels richtig antizipiert, aber er gehörte nicht allein den Nazis.

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Max Knieriemen