Zeitwort

19.5.1987: In Bayern wird ein AIDS-Test für Homosexuelle angeordnet

Stand
Autor/in
Wolfgang Meyer

Als die Aids-Epidemie in den 1980er Jahren auch in Deutschland zum Thema wird, löst das eine Angst-Debatte aus. Die deutsche Gesellschaft ist gespalten in der Antwort auf die Frage: Wie gehen wir um mit dieser tödlichen Seuche? Und wie mit schwulen Männern?

Aids-Infizierte in Lagern konzentrieren?

Horst Seehofer, damals Bundestagsabgeordneter für die CSU — von 1992 bis 1998 sogar Bundesgesundheitsminister — wird in der Presse mit dem Plan zitiert, er wolle HIV-Infizierte in speziellen Heimen konzentrieren.

Schwule werden noch stärker als bisher ausgegrenzt und angefeindet — der bayerische Schulminister Hans Zehetmaier erklärt öffentlich die „Widernatürlichkeit“ dieser sexuellen Orientierung und Innenstaatssekretär Peter Gauweiler warnt vor explosionsartigen Infektionszahlen, die schwule Männer zu verantworten hätten.

Bayern verweigert sich der Präventionsarbeit

Auf Bundesebene engagiert sich Gesundheitsministerin Rita Süssmuth für Aufklärung und Prävention, doch in Bayern wird nichtsdestotrotz am 19. Mai 1987 ein knallharter Maßnahmenkatalog beschlossen: „Ansteckungsverdächtige“ werden zum HIV-Test vorgeladen.

Betroffen sind Prostituierte, Drogenabhängige und eben Schwule — Menschen, die sowieso schon mit Stigma und Diskriminierungen zu kämpfen haben: „Kommen die Betroffenen der Vorladung nicht nach, veranlasst die Gesundheitsbehörde die Aufenthaltsermittlung und Vorführung durch die Polizei.“

Schwulenszene wird unter Druck gesetzt

Immer massiver geht die Polizei gegen diese Randgruppen vor: Zivilstreifen werden vor Schwulenbars postiert, oder, wie Minister Zehetmaier es formuliert: „Dieser Rand muss dünner gemacht werden, dann muss ausgedünnt werden.“

Sein Kollege, Sozialminister Karl Hillermayer, versucht es mit Beschwichtigungen: „Diese so genannte Zwangsmaßnahmen sollen nur das äußerste Mittel sein, für einen begrenzten Teil von Unbelehrbaren, wo man einfach nicht anders vorgehen kann.“

Zwangsmaßnahmen gelten bis 2001

Die Bevölkerung ist gespalten — tolerante Stimmen mischen sich in den verängstigten Hass-Kanon. Trotzdem behalten die Zwangsmaßnahmen bis 2001 ihre Gültigkeit.

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Wolfgang Meyer