Gespräch mit Regisseur Herbert Fritsch

Komödie „Das Portal“ am Schauspiel Stuttgart: Je verzweifelter, desto lustvoller

Stand
INTERVIEW
Martin Gramlich

Eine Nabelschau übers Theatermachen gönnt sich das Schauspiel Stuttgart mit der Komödie „Das Portal“. Unter der Regie von Herbert Fritsch geht es dabei um den Irrsinn auf der Bühne. „Harmlos ist das Theater nicht“, sagt Fritsch im SWR2 Gespräch.

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Eitelkeiten und Machtkämpfe aufs Korn genommen

Das Theater steht kurz vor dem Aus, der junge Regie-Star soll das Haus retten und mit seinem Stück die Gunst der lokalen Kulturwelt zurückgewinnen. Doch eigentlich kümmern sich Intendant, Dramaturg und Regisseur vor allem um die eigene Karriere. Und am Ende droht ein Portal in die Unterwelt alle zu verschlingen.

Das Portal
Das Theater pfeift aus dem letzten Loch. Generalintendant Geldoff (Sebastian Blomberg) kämpft um seine Vertragsverlängerung. Nur ein großer Theaterabend könnte die Zukunft der Bühne sichern.

Eitelkeiten und Machtkämpfe aufs Korn genommen

So weit überdreht die Story von „Das Portal“, das am 19. Januar in Stuttgart Premiere feiert. Die Komödie nimmt die Eitelkeiten und Machtkämpfe der Theatermacher aufs Korn und lässt dabei kein Theaterklischee aus. Doch in denen, sagt Regisseur Herbert Fritsch, stecke immer auch ein bisschen Wahrheit: „Harmlos ist das Theater nicht, da nützen auch Regeln nichts. In irgendeiner Weise wird es immer Spannungen geben, sonst kann man kein Theater mehr machen.“

Das Portal
Um sein Theater zu retten, setzt Intendant Geldoff alles auf eine Karte und engagiert den erfolgreichen Jungregisseur Ulrich Baader (Peer Oscar Musinowksi in der Mitte), der mit dem „Portal“ die Gunst der lokalen Kulturpolitik zurückgewinnen soll.

Verzweiflung über den Irrsinn am Theater

Er selbst verzweifle immer wieder am Irrsinn des Theaters: „Als Schauspieler war’s fast noch schlimmer, als Regisseur denkt man: Was ist denn das, was ich da gemacht hab? Man hat das Ding nie im Griff.“

Regisseur Herbert Fritsch
Regisseur, Schauspieler und Bühnenbildner Herbert Fritsch.

Das liege auch daran, dass sich erst im Lauf der Proben ergebe, was er mit dem Stück erzählen wolle, so Fritsch. „Das Entscheidende ist, dass man dranbleibt, immer weitermacht. Zu denken: Dann renne ich eben voll gegen die Wand damit.“

Denn ein Leben ohne Theater, stellt der vielfach ausgezeichnete Regisseur, Schauspieler und Bühnenbildner fest, sei für ihn undenkbar: „Zur Not würde ich mich auf dem Marktplatz auf eine Kiste stellen“, sagt Fritsch.

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