Scheibenschlagen in Südbaden (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance / dpa | Patrick Seeger)

Bräuche in der Fastenzeit

Der Winter wird in BW und RLP mit Feuer und Flamme verabschiedet

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Zu Beginn der Fastenzeit brennen an vielen Orten in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz wieder Feuer. Die Bräuche haben viel Tradition, ihr Ursprung ist aber meist unklar.

Am ersten Wochenende in der Fastenzeit lodern im Südwesten wieder die Flammen. Verbrannt werden Holz und Reisig, Tannenbäume und alte Möbel. Hexenpuppen werden entzündet, Holzscheiben fliegen glühend durch den Nachthimmel und brennende Tonnen rollen Berge hinunter. Und alles, so sagt man, damit der Winter den Rückzug antritt und dem Frühling Platz macht.

Hüttenbrennen in der Eifel

Ein beliebter Brauch in vielen Orten in der Eifel ist am "Schafssonntag", dem ersten Sonntag nach Fastnacht, das sogenannte Hüttenbrennen - teilweise auch als Burgbrennen oder Burgfeuer bezeichnet.

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Nach Anbruch der Dunkelheit werden auf den Höhen Räder, Kreuze oder Strohhaufen entzündet. Meist sammelt die Dorfjugend das Material für die Feuer ein. Neben Stroh kommt auch gebundenes Reisig aus den Wäldern zum Einsatz. Auf einem Hügel wird alles aufgeschichtet und nach Anbruch der Dunkelheit entzündet.

Eifel

Jahrhundertealte Tradition Hüttenbrennen vertreibt die Dunkelheit am Sonntag in der Eifel

In vielen Orten in der Eifel ist das sogenannte Hüttenbrennen ein beliebter Brauch. Am Sonntag nach Aschermittwoch lodern die Feuer. Oft ist das ganze Dorf auf den Beinen.

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Scheibenschlagen im Süden

Im Süden Baden-Württembergs wird das Feuer vielerorts nicht nur entzündet, sondern auch noch durch die Luft geschleudert - beim sogenannten Scheibenschlagen. Dabei werden runde oder quadratische Scheiben, in der Regel aus Buchenholz, in "Scheibenfeuern" zum Glühen gebracht und dann talwärts geschleudert - meist von der Spitze eines Steckens und über eine hölzerne Rampe, den "Scheibenbock".

Buchenbach/Freiburg/Todtnau

Im Schwarzwald und Markgräflerland Tradition nach der Fasnet: Mit Scheibenschlagen den Winter vertreiben

Schiibi, Schiibo! Wem soll die Schiibe goh? In Südbaden funkt es wieder: Glühende Scheiben fliegen am Wochenende durch die Luft! Das Scheibenschlagen, ein jahrhundertealter Brauch.

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Fast überall wird das Schauspiel mit Sprüchen und Reimen begleitet. Ob Spottverse, Glückwünsche oder Liebeserklärungen - die Worte fliegen mit den Scheiben durch die Luft.

Fan des uralten Brauchs ist auch der Trainer des Fußball-Bundesligisten SC Freiburg, Christian Streich. In einer Pressekonferenz im Dreisamstadion hatte er 2017 unwissenden Medienvertretern wortreich die Hintergründe des Scheibenschlagens erläutert. Sein Ausdruck "Schiibi, Schiibo! Wem soll die Schiibe goh?" hat mittlerweile Kultstatus.

Christian Streich erklärt das ScheibenschlagenSchibi, schibo, wem soll die Schibe go?
Mehr zum Fastnachtsbrauch von Christian Streich: http://x.swr.de/s/streichfastnachtPosted by SWR Sport on Thursday, February 23, 2017

Funkenfeuer am Bodensee

Etwas beschaulicher geht es rund um den Bodensee zu, wo am "Funkensonntag" vier Tage nach Aschermittwoch mit Funkenfeuern symbolisch der Winter ausgetrieben wird.

Dafür werden meist Christbäume oder anderes unbehandeltes Holz zu hohen Türmen gestapelt. Obenauf wird dann eine "Funkenhexe" befestigt - eine Puppe, die mit Stroh gefüllt ist. Der Brauch wird vor allem im schwäbisch-alemannischen Raum gefeiert - neben dem Bodensee beispielsweise auch in Oberschwaben, im Allgäu und im Schwarzwald.

Ursprünge unklar

Die Ursprünge des Scheibenschlagens, des Hüttenbrennens und der Funkenfeuer liegen im Nebel der Geschichte. Die meisten vermuten, dass es sich um heidnische Bräuche handelt, die den Winter vertreiben sollten. Die glühenden Scheiben beim Scheibenschlagen symbolisierten dabei etwa die Sonne, die nach den langen Wintermonaten endlich wieder an Kraft gewinnt.

Der Volkskundler und Fasnetsforscher Werner Mezger, der auch als Fastnachtsexperte für den SWR im Einsatz ist, wird in der "Badischen Zeitung" mit der Aussage zitiert, dass für ihn das Funkenfeuer schlicht das Ende der Fasnacht bedeute - womit vermutlich alles Gottferne und Teuflische im Feuer verbrennen sollte.

Unbestritten ist, dass die verschiedenen Feuertraditionen nach wie vor eine große Faszination auf die Menschen ausüben - auch, weil der Umgang mit Feuer gewisse Gefahren mit sich bringt. So auch beim erstmals urkundlich bezeugten Scheibenschlagen im Jahr 1090. Denn da - genauer am 21. März 1090 - wurde durch eine geschlagene brennende Scheibe ein Teil des Klosters Lorsch an der Bergstraße in Brand gesetzt.

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