Jeder hat auf dem Wahlzettel zwei Stimmen: Die Zweitstimme ist dabei die Wichtigere – mit ihr wählt man eine Partei und bestimmt so, wie viele Sitze sie im Bundestag bekommt.  (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance / dpa | Oliver Berg)

Fragen und Antworten zur Bundestagswahl 2021

Was passiert mit meiner Stimme?

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Christopher Jähnert

Das Wahlsystem in Deutschland sieht kompliziert aus: Erststimme, Zweitstimme, Wahllisten, Sitzverteilung. Aber eigentlich ist es ganz einfach. Wir erklären, wie es funktioniert.

Was soll das mit der Erst- und Zweitstimme?

Jeder hat auf dem Wahlzettel zwei Stimmen: Die Zweitstimme ist dabei besonders wichtig - mit ihr wählen die wahlberechtigten Bürger eine Partei und bestimmen so, wie viele Sitze sie im Bundestag bekommt.

Mit der Erststimme in der linken Spalte wählt man die Direktkandatin oder den Direktkandidaten - also diejenigen, die meistens auf den Wahlplakaten in der Nachbarschaft zu sehen sind. Die Direktkandatin oder der Direktkandidat mit den meisten Stimmen gewinnt den Wahlkreis und zieht auf jeden Fall in den Bundestag ein, um ihre oder seine Region dort zu vertreten. Übrigens: Ein Kandidat muss nicht unbedingt einer Partei angehören - auch Parteilose können auf dem Wahlzettel stehen.

Mit der Zweitstimme wählt man eine bestimmte Partei. Mit ihr wird bestimmt, wie viele Sitze eine Partei im Bundestag nach der Wahl besetzen darf.

Wie werden dann im Bundestag die Sitze verteilt?

Erst einmal wird geschaut: Wie viele Sitze stehen der Partei nach dem Anteil ihrer Zweitstimmen zu? Im ersten Schritt werden darauf dann die Kandidatinnen und Kandidaten gesetzt, die in ihrem Wahlkreis die meisten Erststimmen bekommen haben. Bleiben der Partei dann noch Sitze übrig, geht es im zweiten Schritt weiter mit den Bewerbern, die auf den Landeslisten der Parteien stehen.

Diese Listen werden vor der Bundestagswahl von den Parteien aufgestellt. Wer weiter vorne auf der Liste ist, hat bessere Chancen auf einen Platz im Bundestag. Die Besetzung läuft innerhalb der Parteien. Welche Kriterien dabei eine Rolle spielen, legen die Parteien selbst fest - also zum Beispiel Beliebtheit, Fachkompetenz, aber auch Macht und Vernetzung innerhalb der Partei.

Es kann allerdings passieren, dass eine Partei durch die Erststimmen mehr Direktmandate hat, als ihr nach dem Anteil ihrer Zweitstimmen zustehen würden. Das passiert, wenn viele Wähler ihre Erst- und Zweitstimme unterschiedlichen Parteien geben. Dann kommen die sogenannten Überhang- und Ausgleichsmandate ins Spiel.

Was sind Überhang- und Ausgleichsmandate?

Direktkandidaten, die ihren Wahlkreis gewonnen haben, kommen immer in den Bundestag - auch wenn die Partei nach dem Anteil ihrer Zweitstimmen eigentlich keine Sitze mehr zum Verteilen übrig hat. Man spricht dann von einem Überhangmandat.

Damit es für die anderen Parteien nicht ungerecht wird, bekommen sie wiederum weitere Sitze hinzu - damit am Ende die Größe der einzelnen Fraktionen im Bundestag auch dem Anteil der Zweitstimmen entspricht. Das sind die sogenannten Ausgleichsmandate. Wichtig ist der Ausgleich vor allem bei Abstimmungen im Bundestag, bei denen es manchmal auf jede Stimme ankommen kann - und da sollen kleine Parteien mit vielen Direktmandaten keine Vorteile haben.

Das Problem: Durch diese Ausgleichsverfahren kann der Bundestag viel größer sein als eigentlich geplant. Momentan hat er 709 Sitze, vorgesehen sind eigentlich nur 598. Deshalb wurde lange diskutiert, wie man das Wahlrecht ändern kann. Ab 2024 gibt es unter anderem weniger Wahlkreise. Für die aktuelle Bundestagswahl hat das noch keine Auswirkungen.

Außerdem noch wichtig: Wenn eine Partei mindestens drei Direktmandate schafft, kann ihr die Fünf-Prozent-Hürde egal sein. Denn dann zählt auch das Zweitstimmenergebnis. Das heißt, die Partei darf neben den drei Direktkandidaten weitere Abgeordnete entsprechend ihres Zweitstimmenergebnisses in den Bundestag schicken.

Das hat bis jetzt nur eine Partei geschafft: Die PDS, heute "Die Linke". Das ist allerdings schon 27 Jahre her.

Wie ist das mit der Fünf-Prozent-Hürde?

Parteien schaffen es nur dann in den Bundestag, wenn ihnen mehr als fünf Prozent der Wähler ihre Zweitstimme gegeben haben. Das soll verhindern, dass zu viele kleine Parteien einziehen. Das Problem: Bekommt eine Partei nur etwas weniger als fünf Prozent, sind ihre Stimmen trotzdem verloren. Das ist vor acht Jahren der FDP passiert - sie hatte nur 4,8 Prozent und war damit erst mal raus aus dem Bundestag.

Wenn ein Kandidat die meisten Erststimmen in seinem Wahlkreis hat und somit das Direktmandat bekommt, ist es für ihn nicht relevant, ob seine Partei die Fünf-Prozent-Hürde überspringt. Er kommt trotzdem in den Bundestag.

Weitere Abgeordnete seiner Partei kann er aber nicht mit in den Bundestag nehmen. Denn erst ab drei Direktmandaten werden bei einer Partei, die unter der Fünf-Prozent-Hürde liegt, auch die Zweitstimmen berücksichtigt.

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Christopher Jähnert