Hilfsangebot für Opfer von Gewalt

Interventionsstelle: Betroffene sind nicht Schuld an häuslicher Gewalt

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Autor/in
Nicole Mertes
Nicole Mertes arbeitet als Redakteurin im SWR Studio Trier

Die Interventionsstelle Trier hilft Frauen, die körperliche und seelische Gewalt erfahren haben. Zwei Frauen erzählen anlässlich der Orange Days, wie ihnen dort geholfen wurde.

Die Räume strahlen Behaglichkeit und Ruhe aus. "Das soll auch so sein", sagt Psychologin Isabel Ahrweiler, eine von drei Frauen, die hier arbeiten. Die Interventionsstelle Trier ist offen für alle Menschen, die in ihrer Beziehung Gewalt ausgesetzt sind, meist sind es Frauen. Der erste Schritt ist oft ein Gespräch in einem geschützten Raum.

Ein Raum für Gespräche in der Interventionsstelle Trier.
Die Interventionsstelle Trier bietet Frauen Hilfe an, die in ihrer Beziehung Gewalt ausgesetzt sind. Alles beginnt mit einem Gespräch. Dafür bietet die Stelle einen geschützten Raum.

Interventionsstelle entwickelt individuellen Plan

Kommt es wegen häuslicher Gewalt zu einem Polizeieinsatz oder wird bei der Polizei eine Anzeige gemacht, fragt die Opferhilfe der Polizei die Betroffene, ob sie ihre Kontaktdaten an die Interventionsstelle geben soll.

Man kann sich aber auch aus eigenem Antrieb an die Interventionsstelle wenden. Mit der Betroffenen entwickeln die Mitarbeiterinnen dann einen individuellen Schutzplan.

Opfer sollen wieder stark gemacht werden

Gewalt in Beziehungen habe viel mit Manipulation, Macht und Kontrolle zu tun. Oft brächten die Täter ihre Opfer dahin, sich selbst schuldig zu fühlen.

Von dieser Last wolle man Opfer von Gewalt befreien und ihnen dabei helfen, stark zu werden und unabhängig zu entscheiden, was sie wollen. "Was möchtest du und wo möchtest du hin", dabei wollen wir helfen, sagt Isabel Ahrweiler.

Ich habe mich das erste Mal verstanden gefühlt.

Die Künstlerin Daniela Kurella hat mehrmals in Beziehungen Gewalt erfahren. Über die Opferhilfe der Polizei erfuhr sie von der Interventionsstelle. "Ich habe mich das erste Mal verstanden gefühlt", sagt sie. Einmal im Monat nimmt sie an den Gesprächen der Selbsthilfegruppe teil.

Der Gruppenraum der Interventionsstelle Trier. Hier trifft sich einmal im Monat eine Selbsthilfegruppe.
Die Interventionsstelle Trier hilft Menschen, die in ihrer Beziehung Opfer von Gewalt geworden sind. Meist sind es Frauen. Einmal im Monat trifft sich hier eine Selbsthilfegruppe zum Gespräch.

Treffen der Selbsthilfegruppe als Erlösung

Daniela Kurella erzählt, dass sie bei den ersten Treffen mit der Selbsthilfegruppe nur geweint habe, sie sei verängstigt gewesen, aber es sei auch eine Erlösung für sie gewesen, mit ihrer Erfahrung nicht alleine dazustehen. "Ich habe zum ersten Mal Dinge auch von anderen Frauen gehört, die ich erlebt hatte", sagt sie.

Täter haben oft zwei Gesichter

Viele Frauen, die in ihrer Beziehung Opfer von Gewalt werden, machen die Erfahrung, dass ihnen selbst ihr näheres Umfeld nicht glaubt. Gemeinsamen Freunden, Verwandten, Kollegen gegenüber zeigten und verhielten sich die Täter ganz anders, schildern die Frauen.

In ihrem Fall sei der Täter nach außen fröhlich, zugewandt, sympathisch erschienen, erzählt Daniela Kurella. Aber zuhause sei er das Gegenteil gewesen: "Ein Psychopath, gewaltvoll, laut und einfach nur böse." Diese Erfahrung machten viele Frauen, die Opfer von Gewalt werden.

Fotos von Frauen in der Interventionsstelle Trier
Diese Frauenfotos hängen in der Interventionsstelle Trier. Eine von Gewalt in ihrer Beziehung betroffene Frau hat sie den Beraterinnen geschenkt.

Gewalt kommt in allen sozialen Schichten vor

Gewalt in Beziehungen komme in allen gesellschaftlichen Schichten vor, beobachtet Isabel Ahrweiler von der Interventionsstelle Trier.

Oft folgten diese toxischen Beziehungen einem Muster: nach einem tollen Start komme es zu einem Kreislauf von Gewalt, unterbrochen von Phasen, in denen der Mann wieder liebevoll sei. Viele Frauen klammerten sich dann an diese harmonische Phasen, so die Psychologin.

Ich wollte es mir selbst lange nicht eingestehen.

So erging es auch Daniela Müller, die vor fünf Jahren erstmals in Kontakt mit der Interventionsstelle kam. "Ich wollte es mir selbst lange nicht eingestehen und habe immer noch Entschuldigungen gesucht, warum er so ist, wie er ist", erzählt sie. Man klammert sich an die Hoffnung, dass der Partner wieder so wird wie am Anfang der Beziehung.

Finanzielle Abhängigkeit vom Mann

Besonders für Frauen, die finanziell von einem gewalttätigen Mann abhängig sind und gemeinsame Kinder mit ihm haben, sei es schwer, sich aus der Gewaltspirale zu befreien, beobachtet auch die Interventionsstelle.

Auch Daniela Müller hatte Angst, durch eine Trennung ihren sozialen Status zu verlieren. Immer wieder habe sie folgenden Satz zu Hause zu hören bekommen: "Ohne mich bist du nichts!" - "Wenn dir das jemand 100 mal sagt, glaubst du es am Ende", sagt sie

Interventionsstelle will Mut machen

Nach einem Schlag auf die Nase beendete Daniela Müller endgültig die Beziehung, zog erst einmal mit ihren Kindern zu ihren Eltern. Sie konnte ihr Leben neu aufstellen.

Die Gespräche mit den Frauen in der Interventionsstelle hätten sie darin bestärkt, dass sie auf dem richtigen Weg sei. Seit einiger Zeit macht sie andere Frauen auf das Hilfsangebot aufmerksam. Unter anderem hat sie von Gewalt betroffene Frauen für einen Kalender fotografiert. Mittlerweile ist daraus auch ein Kunstprojekt entstanden. Die Bilder sind seit Mitte November im Kloster Hermeskeil ausgestellt.

Immer mehr häusliche Gewalt auch in der Region Trier

Die Fälle häuslicher Gewalt steigen auch in der Region Trier. 2023 registrierte das Polizeipräsidium nach eigenen Angaben fast 1.800 Fälle. Im ersten Halbjahr dieses Jahres waren es schon fast 1.000.

Isabel Ahrweiler von der Interventionsstelle Trier wünscht sich zum Orange Day eine sichere Finanzierung von Frauenhäusern, aber vor allem auch viel mehr Präventionsarbeit.

Ein orangefarbener Koffer in einem Trierer Taschengeschäft zum Orange Day - internationaler Aktionstag gegen Gewalt an Frauen
Zum Internationalen Aktionstag gegen Gewalt an Frauen und Mädchen, dem Orange Day, beteiligen sich auch viele Trierer Geschäftsleute und dekorieren ihre Schaufenster in Orange. Dieser orangefarbene Koffer steht im Schaufenster eines Taschengeschäfts am Trierer Hauptmarkt.

Interventionsstellen helfen allen Menschen, die unter Gewalt in ihrer Beziehung leiden. Solche Interventionsstellen gibt es in der Region Trier in Trier, Daun und Idar-Oberstein. Hilfe finden Gewaltopfer auch beim Frauennotruf Trier und dem Opferschutz der Polizei. Es gibt in der Interventionsstelle Trier seit diesem Jahr auch eine Sprechstunde für queere Menschen.

Glauben Endlich frei! - Steiniger Weg aus der häuslichen Gewalt

Häusliche Gewalt findet meist im Vorborgenen statt. Frauen und Kinder trauen sich nicht darüber zu sprechen, aus Scham. Wo finden sie Hilfe und den Glauben an ihre eigene Kraft.

Glauben SWR Kultur