Das Westerwalddorf Mehren wehrt sich gegen rechte Szene, die dort Veranstaltungen macht

Rechte Szene zieht es aufs Land

Wie gefährlich sind rechte Netzwerke im Westerwald?

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Seit einiger Zeit haben rechte Netzwerke sich des Öfteren Veranstaltungsorte im Westerwald gesucht. Warum ist der Westerwald für die Szene so beliebt?

"Das Entsetzen war sehr groß als die ersten Berichte aufkamen", erzählt der Ortsbürgermeister von Mehren, Thomas Schnabel, "Zur Sache Rheinland-Pfalz". Er meint damit Berichte über Treffen von rechtsgerichteten Gruppen in einem Lokal im Dorf. Schnabel hat sofort Polizei und Verfassungsschutz eingeschaltet und um Klärung gebeten.

Das Lokal sei dem Verfassungsschutz seit gut einem halben Jahr bekannt, sagt der Leiter des Verfassungsschutzes im rheinland-pfälzischen Innenministerium, Elmar May. "Letztes Jahr hatten wir zum ersten Mal einen Blick drauf, weil es mittlerweile doch einige Veranstaltungen gab, wo wir teilweise sagen: da müssen wir genau hinschauen!" Die Wirtin der Gaststätte wollte sich nicht äußern. Sie lehnte ein Gespräch mit dem SWR ab.

Reichsbürger Matthes Haug im Westerwald

Am 27. August 2022 soll Matthes Haug, ein bundesweit agierender Reichsbürger in dem Lokal in Mehren einen Vortrag gehalten haben. "Der Redner hat dort Thesen vertreten, wie die Fortexistenz des Deutschen Reiches und auch die Teilnehmer rechnen wir dem Reichsbürger-Spektrum zu, und das ist ein Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes."

Seither hat der Verfassungsschutz den Veranstaltungsort auf dem Schirm. Dort treffe sich eine Mischszene aus Esoterikern, Reichsbürgern und Rechtsextremen. Die Szene versuche, weiter in die bürgerliche Mitte vorzudringen und dort Anhänger zu werben. Darin sieht Verfassungsschützer May eine Gefahr für die freiheitliche Demokratie. Denn, nicht weit entfernt, in Hachenburg haben auch schon mehrmals Aktivisten dieser Mischszene Veranstaltungen abgehalten. Die Treffen in der Fassfabrik hatten im Januar Bürgerproteste ausgelöst.

In Mehren seien sich alle im Gemeinderat einig, sagt Schnabel, dass solche rechtsgerichteten Gruppen im Dorf nicht erwünscht seien. Für ihn gehe es aber jetzt auch darum herauszufinden, wie weit die Gruppen sich hier festsetzen konnten. "Sind diese Gruppierungen, die hier aufschlagen, quasi dabei Bürger zu fischen, Bürger zu überzeugen oder ist das schon weitergehend?" Schnabel ist der Meinung, diese klare Einschätzung müsse von den Fachbehörden kommen.

Deshalb ist der Westerwald für rechte Szene attraktiv

Dass es rechtsextreme und verfassungsfeindliche Gruppierungen aufs Land zieht, kann man auch in anderen Regionen in Deutschland beobachten, etwa in Sachsen. Aber was macht gerade den Westerwald für die rechte Szene so attraktiv?

Es sei seine geopraphische Lage, meint Verfassungsschützer May. "Mehrere Bundesländer grenzen an den Westerwald. Wir stellen auch hier Personen fest, die nicht nur aus Rheinland-Pfalz kommen, sondern insbesondere auch aus Nordrhein-Westfalen." Es spiele aber sicher auch eine Rolle, dass solche Gruppen in dünner besiedelten ländlichen Gebieten unauffälliger agieren könnten als in der Großstadt.

Mehren wehrt sich gegen rechte Vereinnahmung

Mehren will rechtsextremen Gruppen auf jeden Fall nicht das Feld überlassen. Ortsbürgermeister Schnabel will das Thema offensiv angehen. Eine Bürgerversammlung ist geplant, um die Leute im Dorf zu informieren, aber auch um ins Gespräch zu kommen. Und das Demokratiezentrum Rheinland-Pfalz soll die Gemeinde beratend unterstützen. Schon Ende März werde es ein Gespräch mit Polizei, Verfassungsschutz und anderen beteiligten Behörden, sagt Schnabel. "Dann werden wir über diese Dinge sprechen müssen - vor allen Dingen, wie wir ihnen begegnen können."

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