
Eigentlich ist es für die Ukrainerin Halyna Ovsiannikova in den vergangenen Monaten ganz gut gelaufen. Und wenn man "eigentlich" schreibt, dann meint man damit, dass man für einen Moment außen vor lässt, dass die Frau vor dem Krieg fliehen und ihren erwachsenen Sohn und ihren Ehemann in der Ukraine zurücklassen musste.
Halyna Ovsiannikova ist im April nach Deutschland gekommen. Sie ist gelernte Erzieherin, Deutsch war eines ihrer Studienfächer. Danach hatte sie allerdings über Jahre kein deutsches Wort mehr gesprochen, sagt sie. Auch heute müsse sie noch immer genau hinhören und viel wiederholen, könne sich aber inzwischen ganz gut verständigen. Seit Mai arbeitet sie in der Kindertagesstätte Abenteuerland in Minfeld (Kreis Germersheim). Die 40-Jährige bestreitet ihren Lebensunterhalt selbst und wird in diesem Monat eine eigene Wohnung beziehen.
Ihre Integration ist eine Erfolgsgeschichte - und ein Einzelfall
Im Juni haben die Arbeitsagenturen die Betreuung der Geflüchteten aus der Ukraine übernommen. Gut vier Monate später liegt die Anzahl derer, die in ein festes Arbeitsverhältnis vermittelt werden konnten, immer noch knapp unter hundert. Woran liegt das?

Vor allem an der Sprache, sagt Ruth Burckhardt, die Chefin des Jobcenters Germersheim. Nur die wenigsten hätten so fundierte Sprachkenntnisse wie Halyna Ovsiannikova.
"Egal wo man in Deutschland arbeiten will, man muss zumindest die Unfallschutzmaßnahmen verstehen. Und die hängen in den meisten Firmen ja nicht in ukrainischer Sprache aus."
Ein Sprachkurs dauert neun Monate. Entsprechend viel Vorlauf braucht es auch, um die Geflüchteten erfolgreich zu vermitteln. Für die Arbeitsagenturen bedeutet das einen immensen Aufwand: Selbst die Beratungsgespräche müssen teilweise mit Hilfe von Dolmetschern geführt werden. Hinzu kommt: 70 Prozent der Geflüchteten sind laut Burckhardt Frauen, viele seien mit Kindern gekommen. Da müsse die Betreuung organisiert werden, die Anträge fürs Kindergeld müssten ausgefüllt werden und vieles mehr.
Ist das überhaupt zu schaffen? Ruth Burckhardt ist zuversichtlich: Im Landkreis Germersheim hätten zum Beispiel inzwischen alle Geflüchteten die Möglichkeit, einen Sprachkurs zu besuchen. "Es läuft!", sagt sie.

Und Halyna Ovsiannikova? Wenn es nach Ihrer Chefin Anne Lang ginge, der Leiterin des Kindergartens, dann bliebe sie hier: "Sie fügt sich toll ein, sie arbeitet gut mit den Kindern und wir haben sie ins Herz geschlossen."
Halyna sagt, am wichtigsten sei es erst einmal, dass Ihre Familie wieder zusammenkommt. Ihr Mann habe bereits angefangen, Deutsch zu lernen. Mehr als 2000 Kilometer von ihr entfernt, in ihrer gemeinsamen Heimatstadt Melitopol.