Einer der Angeklagten im Prozess gegen die sogenannten Vereinten Patrioten sitzt mit seinen Verteidigern auf der Anklagebank im Oberlandesgerich Koblenz (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa/dpa POOL | Thomas Frey)

Corona-Politik als Grund für Umsturzpläne

Prozess gegen "Vereinte Patrioten" in Koblenz: Angeklagte äußern sich

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Sie sollen den politischen Umsturz und die Entführung von Karl Lauterbach geplant haben: Zwei der fünf Angeklagten der sogenannten Vereinten Patrioten haben am Mittwoch in Koblenz ausgesagt.

Der ehemalige Bankkaufmann aus Neuruppin in Brandenburg schilderte vor dem Oberlandesgericht in Koblenz in einem langen Monolog vor allem seine Ablehnung des politischen Systems in Deutschland. Er fühle sich von keiner Partei im Bundestag vertreten. Es gebe für ihn in Deutschland keine Gewaltenteilung mehr.

Zuvor hatte einer seiner Verteidiger eine Erklärung seines Mandanten verlesen. Darin hieß es, dass vor allem die Corona-Politik in Deutschland ausschlaggebend für sein Handeln gewesen sei. Der Angeklagte habe die nach seiner Ansicht drohende Zwangsimpfung der gesamten Bevölkerung als Angriff auf seine körperliche Unversehrtheit betrachtet, später sei er selbst als Ungeimpfter diskriminiert worden.

Angeklagter der "Vereinten Patrioten": Pläne noch nicht ausgereift

Ab Oktober 2020 sei er zunehmend der Ansicht gewesen, dass die Bundesrepublik kein demokratischer Bundesstaat mehr sei. "Er wollte Aktionen planen", las der Anwalt weiter vor. Es sei ihm nicht darum gegangen, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu beseitigen, sondern sie wiederherzustellen. 

"Niemand von uns - mich eingeschlossen - wollte den Kaiser zurück."

Die Pläne der vor Gericht stehenden Gruppe seien zum Zeitpunkt der Festnahmen aber noch nicht ausgereift gewesen. Es sei noch nicht zum Hochverrat gekommen, es sei noch keine terroristische Vereinigung gegründet worden. Weiter hieß es in der Erklärung, er sei kein AfD-Sympathisant, sei nie rechts gewesen und sei das bis heute nicht.

Abgrenzung von sogenannten Reichsbürgern

Auch ein Reichsbürger sei er nicht, betonte der Angeklagte anschließend selbst. Er sei ein Russland-Freund, las der 55-Jährige weiter vor - und ergänzte mit Blick auf die angeklagte Gruppe: "Niemand von uns - mich eingeschlossen - wollte den Kaiser zurück." Das Verfahren gegen ihn sehe er als politisch motiviert an.

Die Anklage sieht ihn als einen der Rädelsführer der Gruppe an und ordnet ihn dem militärischen Zweig der Gruppe zu. Laut Bundesanwaltschaft soll er federführend bei dem geplanten Vorhaben gewesen sein, Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zu entführen.

Angeklagte 75-Jährige wies alle Vorwürfe von sich

Eine angeklagte 75-jährige frühere Lehrerin aus Mainz soll laut Anklage der Kopf der Gruppe gewesen sein. Sie wies in dem Statement alle Vorwürfe aus der Anklage zurück, und sagte unter anderem, dass alles vom Verfassungsschutz eingefädelt worden sei. Jetzt im Verfahren solle die Wahrheit über das Zitat BRD-System ans Licht kommen.

Sie habe sich absichtlich verhaften lassen, sagte sie. Eigentlich war das nur als Statement ihres Verteidigers geplant gewesen, aber sie konnte sich dann offenbar doch nicht zurückhalten und hat es nach Auskunft des SWR-Reporters vor Ort beinahe in den Saal gerufen.

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Hintergrund zu "Vereinte Patrioten"

Den insgesamt fünf Angeklagten - vier Männer im Alter zwischen 44 und 56 Jahren und eine 75-jährige Frau - wird vorgeworfen, eine inländische terroristische Vereinigung gegründet zu haben oder darin Mitglied gewesen zu sein.

Die Gruppe soll einen Umsturz geplant haben, wollte laut Anklage Chaos durch einen großflächigen Stromausfall verursachen. Die Fünf waren 2022 festgenommen worden. Vier von ihnen hatten zu Prozessbeginn angekündigt, sich im Laufe des Verfahrens zu den Vorwürfen äußern zu wollen.

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SWR