Treppenhaus in der JVA Koblenz (Foto: SWR)

Mehr als nur "Schlüsselträger"

Jeden Tag ins Gefängnis: So ist der Job in der JVA Koblenz

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Klara Hofmann
Foto von Autorin Klara Hofmann (Foto: SWR)

Durch die Türen der Justizvollzugsanstalt in Koblenz geht man entweder nur unter Zwang - oder als Vollzugsbeamter. Wie es wirklich ist, jeden Tag im Gefängnis zu verbringen.

Morgens um sechs Uhr weckt Luis* (*Name geändert) Berjot die Häftlinge in einem der Wohnbereiche in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Koblenz. Jede Zelle wird geöffnet. Sie sind ausgestattet mit dem Nötigsten: Für jeden Häftling gibt es ein Bett, einen Tisch mit Stuhl und einen Schrank für Persönliches. Außerdem einen Kühlschrank, manche Häftlinge haben auch einen Fernseher.

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Die Häftlinge sollen ihre Wäsche bereitstellen, duschen, sich auf den Tag vorbereiten. Dann gibt es Frühstück. Nicht wie in amerikanischen Filmen in einer großen Kantine und der Möglichkeit, gemeinsame Pläne zum Ausbrechen zu schmieden, sondern alleine in der Zelle. Später am Vormittag dürfen die Häftlinge eine Stunde lang auf den Freizeithof.

Schwieriger Start als junger Beamter in der JVA Koblenz 

Luis* Berjot ist 23 Jahre alt. Als er in der JVA in Koblenz angefangen hat, sagt Berjot, hatte er schon ein paar negative Begegnungen mit Gefangenen, die viel älter waren und sich nichts gefallen lassen wollten. "Wenn dich einer von jetzt auf gleich anschreit und hastig mit den Händen hin und her fuchtelt, bist du geschockt und weißt nicht, was du machen sollst." Sich dann als junger Beamter in der JVA Koblenz zu behaupten, sei eine Herausforderung gewesen, an der er ganz automatisch gewachsen sei, so Berjot. 

Junger Beamter in der JVA Koblenz (Foto: SWR)
Justizvollzugsbeamter Berjot ist seit 2019 in der JVA Koblenz

Der Reiz am Verbrechen

Das Beste an seinem Job? Es reize ihn, mit Menschen zu arbeiten, mit denen man normalerweise gar keinen Kontakt haben möchte, sagt er. Das könne nicht jeder - manche Erlebnisse seien zwar nicht körperlich anstrengend, aber für den Kopf. Damit müsse man umgehen können. Größtenteils sei es aber ruhig in der JVA Koblenz. Für ihn, sagt Berjot, sei dieser Job die beste Entscheidung, die er treffen konnte.

Wärter in JVA Koblenz sind mehr als nur Schlüsselträger

Jede JVA ist ein für sich geschlossener Kosmos. Nicht zuletzt wegen der vielen Türen, die es zu sichern gilt. Berjot und seine Kolleginnen und Kollegen sind aber für noch vieles mehr verantwortlich: "Klar, ich schließe hier locker 100 bis 200 Türen am Tag auf und zu. Aber wir sind nicht nur Wärter oder Schließer, wir nehmen viele Rollen ein. Zum Beispiel, wenn der Psychologe nicht da ist oder wenn der Seelsorger nicht da ist."

"Wir sind nicht nur Wärter oder Schließer, wir nehmen hier viele Rollen ein."

Lockere Stimmung, aber keine Freundschaften mit Häftlingen in Koblenz

Für Berjot ist es wichtig, fair mit den Gefangenen umzugehen. Den Chef raushängen lassen? Damit sei keinem geholfen. Im Vorbeigehen fordert einer der Häftlinge Berjot auf, doch selbst in eine der Zellen zu gehen. Beide lachen. Wenn man sich an die Regeln halte und sich sympathisch sei, sagt Berjot, könne man auch mal Späße machen.

Eine echte Bindung oder Freundschaften aufzubauen, sei aber ausgeschlossen. Eine professionelle Distanz zu wahren, sei wichtig. Denn: "Am Ende des Tages gibt es eine klare Rollenverteilung. Da muss man sich nichts vormachen."

Resozialisierung nach der Haft möglich aber schwer

Nach der Haft wieder zurück ins Leben zu finden, sagt Berjot, sei schon möglich. Aber die ehemaligen Häftlinge bräuchten dann auch außerhalb Unterstützung von Familie und Freunden oder ein ganz neues Umfeld. Denn daran scheitere es oft. Manche Gesichter habe Berjot schon öfter in der JVA Koblenz wiedergesehen, sagt er. 

"Jeder Mensch hat noch eine Chance verdient. Auch, wenn es die zweite oder dritte ist."

Obwohl er jeden Tag mit vielen Straftaten konfrontiert wird, verliert der junge JVA Beamte die Hoffnung in die Menschheit nicht. Jeder habe nochmal eine Chance verdient. Auch, wenn es vielleicht die zweite oder dritte sei, sagt er. "Da merkt man erstmal, wie lebenswert das Leben ist und, dass man da eher drauf achten soll, dass man ein bisschen Hoffnung an die Menschheit hegt."

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