Interview zur Europawahl

Festival "Euroclassic" im Westen der Pfalz als Beispiel für gelebtes Europa

Stand

Ist das "Euroclassic"-Festival ein Beispiel für Europa? Ja, sagt Thilo Huble - der Organisator des deutsch-französischen Musikfestivals, das Anfang September wieder stattfindet.

Sänger steht vor Orchester und hält sich die Hand ans Ohr - Max Mutzke singt mit der SWR Big Band bei "Euroclassic"-Festival
Auch mit dabei beim Festival "Euroclassic": Die SWR Big Band mit Sänger Max Mutzke.

Ab dann spielen viele Künstlerinnen und Künstler aus Südeuropa 24 Konzerte in der Westpfalz, dem Saarland und der französische Stadt Bitche. Vergangene Woche wurde das Programm des Festivals vorgestellt. Benoit Kieffer, der Bürgermeister von Bitche, betonte dabei, er halte das Festival für sehr wichtig für die deutsch-französische Freundschaft. "Musik ist grenzenlos", so Kieffer.

SWR aktuell hat bei Projektleiter Thilo Huble nachgefragt, was das Festival seiner Meinung nach für Europa bedeutet. Er ist auf deutscher Seite seit 20 Jahren für das "Euroclassic"-Festival verantwortlich.

SWR aktuell: Herr Huble, was ist das Besondere am "Euroclassic"-Festival?

Thilo Huble, Projektleiter "Euroclassic": Das Besondere ist, dass es seit vielen Jahren eine gelebte deutsch-französische Zusammenarbeit gibt. Es gibt viele Verbindungen über die Landesgrenze hinweg. Sowohl innerdeutsch, also zwischen dem Saarland und Rheinland-Pfalz, insbesondere aber auch Richtung Frankreich. Es ist wirklich ein Vorzeige-Projekt, das mittlerweile seit über 30 Jahren in der deutsch-französischen Zusammenarbeit funktioniert. Ich glaube, das ist das ganz besondere von "Euroclassic": Dass es ein Festival ist, das identitätsstiftend ist für beide Seiten.

Thilo Huble blickt in die Kamera - er organisiert das "Euroclassic"-Festival
Thilo Huble organisiert für Zweibrücken seit 20 Jahren das "Euroclassic"-Festival.

SWR aktuell: Wie kam es zu der Idee, ein grenzüberschreitendes Musik-Festival zu veranstalten?

Thilo Huble: Das war vor meiner Zeit. Ich bin seit 2003 Festivalleiter, also seit gut 20 Jahren. Irgendwann Ende der 80er-Jahre gab es ein deutsch-französisches Mozart-Fest, das damals von meinem Amtsvorgänger initiiert wurde. Und aus diesem Mozart-Fest ist dann in der Folge durch die damaligen Förderprogramme "Interreg eins" und "Interreg zwei" dieses Festival entstanden - also aus der Überlegung heraus, dass es europäische Mittel für ein gemeinsames Konzertprogramm gibt. Seit dieser Zeit läuft auch diese Zusammenarbeit.

SWR aktuell: Fördert die EU das Festival immer noch?

Thilo Huble: Die EU hatte das Festival in den Anfängen gefördert. In den Anfangsjahren war es Bestandteil eines Interreg-Programms. Jetzt bekommen wir Fördermittel der jeweiligen Länder.

SWR aktuell: Wie läuft denn die deutsch-französische Zusammenarbeit für das "Euroclassic"-Festival ab?

Thilo Huble: Diese Zusammenarbeit gibt es schon seit Anfang der 90er Jahre sehr konstant. Im Rahmen des Festival "Euroclassic" und darüber hinaus natürlich auch im touristischen Bereich. Das läuft sehr gut. Es ist natürlich von Vorteil, dass die handelnden Personen auf der französischen Seite auch oft Deutsch sprechen. Einige von uns sprechen auch Französisch. Von daher ist es zwar manchmal etwas holprig und schwierig, was die Kommunikation angeht, aber insgesamt auch sehr befruchtend. Weil man sich auch in die Denkweise und Denkstrukturen des jeweiligen Partners sehr gut einfinden kann über die Jahre.

Zwei Pferde ziehen eine Kutsche mit mehreren Menschen - Pferdegala im Rahmen des "Euroclassic"-Festivals in Zweibrücken
Seit Jahren ein fester Bestandteil des "Euroclassic"-Festivals: Die Pferdegala in Zweibrücken.

SWR aktuell: Sind durch diese lange deutsch-französische Zusammenarbeit auch Freundschaften entstanden?

Thilo Huble: Ja! Aber natürlich wechseln auch die handelnden Personen. Das ist in Frankreich nicht anders wie auch auf der deutschen Seite. Aber, und das ist glaube ich auch das Besondere des Festivals: An dem substanziellen Bestand der Zusammenarbeit im Rahmen des Festivals hält man seit dieser Zeit fest. Wir schreiben das Festival mit allen fünf Gebietskörperschaften für einen Zeitraum von insgesamt vier Jahren vor. Und in diesen vier Jahren gibt es dann auch intensive Austausche.

Wir treffen uns natürlich mit den handelnden Personen in regelmäßigen Abständen zu Absprachen, zur Vorbereitung, zur Abstimmung des Programms, zur Festlegung des Mottos und so weiter und so fort. Also das funktioniert in der Tat sehr gut und reibungslos und wir wechseln da auch immer. Also wir gehen mal nach Frankreich, wir sind mal in Pirmasens und bei den saarländischen Freunden. Das ist wirklich eine sehr gelebte, sehr freundschaftliche und sehr kooperativ geprägte Zusammenarbeit.

SWR aktuell: Würden Sie sagen, dass Sie diesen europäischen Gedanken durch das Festival ein bisschen besser verstehen können?

Thilo Huble: Ja, das kann man schon sagen. Weil es natürlich auch notwendig ist, gegenseitiges Verständnis aufzubringen für die Denkweisen und die Strukturen. Das fängt bei den Verwaltungsstrukturen an und hört bei dem unterschiedlichen Verständnis von Pünktlichkeit auf. Und ich glaube, dass es wichtig ist, diese Unterschiede dann auch gegenseitig zu respektieren und damit umzugehen. Das lernt man natürlich dann in dieser Situation schon. Das ist aber auch gut so!

SWR aktuell: Bekommen Sie dazu auch Feedback vom Publikum?

Thilo Huble: Die Reflexionen sind normalerweise positiv. Aber wenn dem einen oder anderen Mal was nicht gefallen hat, dann wird es auch gesagt. Das ist ja auch richtig, dass man an diesen Dingen wächst und sich verändert und gegebenenfalls nachjustiert. Es ist zugegebenermaßen so, dass üblicherweise mehr deutsche Gäste nach Frankreich fahren als französische Gäste nach Deutschland. Ich würde es mal mit der Gewichtung eins zu zwei bezeichnen. Das hängt natürlich auch mit der Bevölkerungsdichte zusammen.

SWR aktuell: Würden sie sagen, das Festival ist auch wichtig für die EU?

Thilo Huble: Ja natürlich! Keine Frage. Ich denke es ist auch ein Beispiel gelebter Zusammenarbeit und gelebter grenzüberschreitender Zusammenarbeit.

SWR aktuell: In mehr als 20 Jahren als Projektleiter beim „Euroclassic“-Festival haben Sie bestimmt schon viel erlebt. Was war denn da Ihr schönster Moment?

Thilo Huble: Das war bei meinem ersten Festival im Jahr 2002, als wir damals Udo Jürgens verpflichtet hatten. Damals war vereinbart, dass Udo Jürgens eine Gala spielen soll. Gala bedeutet, dass es quasi ein Konzert in einem privaten Rahmen ist. Wir haben uns dann mittags getroffen und es war ein sehr schöner Moment, als wir uns in Vorbereitung verschiedener Pressegespräche kennengelernt hatten.  

Udo Jürgens hat offensichtlich in diesem Gespräch erst erfahren, dass er an diesem Abend mit dem Pepe Lienhard Orchester eine Gala spielen soll. Er ist offensichtlich nach meinen Schilderungen davon ausgegangen, dass es ein öffentliches Konzert sei. Er hatte dann am Nachmittag noch zu seinem Manager gesagt: "Ruf bitte den Pepe an und sag ihm: Wir treffen uns zwei Stunden früher, wir spielen heute Abend ein komplettes Konzert".

Und genau das hat er gemacht. Es war für mich einer der berührendsten Momente, wie ein so großer Künstler einfach diese Publikums-Nähe umgedeutet hat, weil es einfach ein öffentliches Konzert war und nicht eine private Veranstaltung. Er hat dann ein Konzert von zweieinhalb Stunden gespielt mit voller Energie. Es war fantastisch!

Stand
Autor/in
SWR