Der Leiter der Musikschule im Donnersbergkreis steht vor dem Gebäude der Musikschule. (Foto: Viktor Wendtner)

Wegen Festanstellungen für Musiklehrer

Musikschule im Donnersbergkreis: "Wir stehen vor einem Riesenproblem"

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AUTOR/IN
Christina Fleischanderl

Viele Lehrkräfte sind an den Musikschulen in der Westpfalz nicht festangestellt. Laut einem Urteil des Bundessozialgerichts sollten Honorarverträge aber der Vergangenheit angehören. Das stellt jetzt viele Musikschulen vor ein großes Problem.

Wenn Viktor Wendtner auf das kommende Schuljahr blickt, weiß er nicht so recht, wie es weiter gehen soll. Der Leiter der Musikschule im Donnersbergkreis hat keine festangestellten Lehrkräfte. Alle 40 Musikschullehrer haben Honorarverträge. Im Januar war Wendtner bei einer Informationsveranstaltung des Verbands deutscher Musikschulen. Ein Fachanwalt hat dort aufgeklärt, dass Honorarverträge nicht mehr rechtssicher sind. Das zu ändern, kostet Geld und genau das hat man im Donnersbergkreis nicht.

Verunsicherte Musikschulen im Westen der Pfalz

Das Problem für manche Musikschulen ist, dass nicht alle Lehrkräfte sozialversichert angestellt sind und nur Honorarverträge haben. Wegen eines Urteils des Bundessozialgerichts im Sommer 2022 soll das aber nicht mehr erlaubt sein. Da hatte eine Musikschullehrerin geklagt, dass sie für die gleiche Arbeit wie andere Kollegen keine Festanstellung bekommt und daher auch nicht sozialversichert ist. Sie hat recht bekommen. Seitdem steigt der Druck für immer mehr Musikschulen, die Honorarverträge mit ihren Lehrern in eine Festanstellung umzuwandeln.

Prekäre Situation im Donnersbergkreis

Diese Forderung macht vor allem der Musikschule im Donnersbergkreis zu schaffen. Einen Hilferuf finanzieller Art abzusetzen, das ist jetzt nötig, erklärt Viktor Wendtner und schildert seine derzeitige Lage. "Ich darf gerade kein Instrument reparieren oder kaufen. Zu der chronisch finanziell angespannten Situation im Donnersbergkreis kommt jetzt die Festanstellung für Lehrkräfte. Wir stehen vor einem Riesenproblem."

Vier Musikschullehrer sowie Kinder und Jugendliche der Chöre der Musikschule Donnersbergkreis halten die Hände nach oben für ein gemeinsames Foto. (Foto: Viktor Wendtner, Musikschule Donnersbergkreis)
Der Leiter der Musikschule Donnersbergkreis Viktor Wendtner (vorne liegend) mit anderen Lehrkräften und dem Kinder- und Jugendchor der Musikschule.

Wendtner erklärt, es gebe in der Sache zwar bisher nur Präzedenzfälle, man habe ihm aber dringend geraten zu handeln. Seine Möglichkeiten sind aber begrenzt. "Wir wissen nicht, was wir tun können, weil wir kein Geld haben und uns die Zeit davonläuft." Es brauche hier mehr Förderung und Wertschätzung durch das Land, erklärt der Donnersberger Landrat Rainer Guth (parteilos). Schon länger wird von den Kreisen eine Drittelfinanzierung für Musikschulen gefordert. Dabei sollen jeweils ein Drittel der Kosten auf den Träger der Musikschule, die Musikschüler und das Land aufgeteilt werden.

Wir wissen nicht, was wir tun können, weil wir kein Geld haben und uns die Zeit davonläuft.

Musikschulunterricht im Westen der Pfalz könnte teurer werden

Eine Lösung für die Geldnot wäre die Musikschulgebühren deutlich anzuheben. Viktor Wendtner will aber nicht, dass Musikschüler alles allein stemmen müssen. "Die Festanstellung der Lehrer allein über die Schulgebühren zu finanzieren, würde bedeuten, dass die Schüler das Doppelte zahlen müssten." Er nennt ein Beispiel: Derzeit zahle man für eine halbe Stunde Unterricht wöchentlich 53 Euro im Monat. Das sind 636 Euro im Jahr. Abzüglich der Ferienzeit kann ein Schüler damit jährlich ungefähr 38-mal den Einzelunterricht besuchen. Wenn sich das verdoppeln würde, wäre das ein Unding, meint Wendtner.

Landrat Rainer Guth sagt dazu, dass es eine Doppelzüngigkeit des Landes sei, wenn Deutschland einerseits als Bildungsland der Dichter und Denker angepriesen werde, andererseits aber kein Geld für musikalische Bildung da sei. "Für eine Festanstellung der Musiklehrer müssten wir die Gebühren so erhöhen, dass Schüler das nicht mehr zahlen wollen und wir teurer wären als Privatmusikschulen." In Kusel schließt sich Landrat Otto Rubly (CDU) dieser Kritik an und betont, wie wichtig es sei, dass sich alle gesellschaftlichen Schichten den Musikschulunterricht leisten könnten.

Für eine Festanstellung der Musiklehrer müssten wir die Gebühren so erhöhen, dass Schüler das nicht mehr zahlen wollen und wir teurer wären als Privatmusikschulen.

Musikschule Kusel geht auch das Geld aus

Im Landkreis Kusel hat die Musikschule Kuseler Musikantenland ihre Lehrer zwar sozialversicherungspflichtig über den Trägerverein beschäftigt. Aber auch hier sind die Kassen leer. Das geht so weit, dass man im Herbst die Musikschullehrer dort nicht mehr zahlen könne, erzählt der Kuseler Landrat Rubly. Schuld daran sei unter anderem die Inflation der letzten Jahre und zu wenig Unterstützung vom Land. Wenn man sich in der Region umschaue, könnten die meisten Musikschulen am Ende des Jahres bankrottgehen, so Rubly.

Positivbeispiel: Musikschule in Kaiserslautern

Aber nicht für alle Musikschulen sind die Zeiten ungewiss. Es trifft vor allem ländliche Musikschulen, da hier Lehrkräfte seltener festangestellt sind. Ein Paradebeispiel einer Musikschule, die mit der neuen Regelung keine Probleme hat, ist die städtische Emmerich-Smola-Musikschule und Musikakademie in Kaiserslautern, erklärt Viktor Wendtner. Hier sind alle Musiklehrer schon festangestellt.

Lernen von anderen Musikschulen in Rheinland-Pfalz

Im April ist die Mitgliederversammlung des Landesverbands der Musikschulen. Da will Viktor Wendtner auch mit Schulen reden, die für das Problem der Festanstellung offensichtlich schon Lösungen gefunden haben. "Ich weiß von einer Musikschule, die jetzt zum ersten Mai alle ihre Lehrer fest anstellen wird. Da würde mich interessieren, wie man das dort schafft." Und die Zeit drängt, um Lösungen zu finden, denn die deutsche Rentenversicherung prüft derzeit nach und nach die Verträge der Lehrkräfte. Am Ende muss man das Thema Musikschulen auf kommunaler Ebene wollen und unterstützen, so Wendtner.

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