Interview der Woche

Wirtschaftsweise Schnitzer: Warum Energie teurer wird

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AUTOR/IN
Alfred Schmit

Die Vorsitzende der fünf Wirtschaftsweisen, Monika Schnitzer, sieht für Deutschland langfristig höhere Energiepreise voraus. Die Versorgung sei gewährleistet, nur müsse der Staat mehr investieren, etwa in Stromtrassen und auch in Erneuerbare Energie. Die relativ hohe Inflation in Deutschland sieht sie auf dem Rückzug. Am Arbeitsmarkt sollte die Politik Frauen und Ältere besser integrieren.

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Verbraucher, die sich jetzt zu Beginn des Winters Sorgen um die Energiesicherheit machen, kann die Vorsitzende der fünf Wirtschaftsweisen Monika Schnitzer zumindest vorerst beruhigen: "Wir können die Energiesicherheit garantieren, die Frage ist nur, zu welchem Preis". Die Ökonomin weist darauf hin, dass der Staat hier mehr investieren sollte, etwa in Stromtrassen und auch in Erneuerbare Energien. Die Umstellung der Energieversorgung in Deutschland und Europa nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine habe zwar zu Preissprüngen geführt, das müsse aber nicht so bleiben. Langfristig werde Energie in Deutschland auch deshalb teurer, weil hier Methoden wie Fracking, intensive Solarenergieproduktion oder Wasserkraft nicht so ausgeprägt sind wie in vergleichbaren Ländern. Mit Blick auf Unternehmen sagt Schnitzer voraus, dass energieintensive Firmen womöglich bald außerhalb Deutschlands produzieren könnten.

Erholung der Konjunktur: Verzögert sich

Im aktuellen Jahresbericht der fünf Wirtschaftsweisen sind die Hauptgründe genannt, warum Deutschlands Wirtschaftsentwicklung hinter vergleichbaren Ländern zurückbleibt: Immer noch hohe Inflation, hohe Energiepreise, wenig Kauflust bei den Verbrauchern und immer noch Fachkräftemangel in den Unternehmen. Zu den Empfehlungen der Sachverständigen gehört deshalb, am Arbeitsmarkt auch Frauen und Ältere besser zu integrieren und Arbeitnehmer aus dem Ausland stärker anzuwerben. Nachdenken sollte die Politik demnach auch darüber, das Rentenalter an die Lebenserwartung anzupassen und die Höhe der Renten stärker an die allgemeine Teuerung zu koppeln.

Weltwirtschaft: Konkurrenz aus China

Bei der aktuellen weltwirtschaftlichen Entwicklung sieht die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer deutsche Firmen zwar als nach wie vor konkurrenzfähig an, sie müssten sich aber mit Blick auf bestimmte Märkte "warm anziehen": Etwa in China: Hier hätten deutsche Autos mit Verbrennern zwar noch einen guten Marktanteil, der sei aber bei Elektroautos verschwindend gering. Mit Blick auf deutsche Investitionen in China müssten auch mögliche Änderungen der politischen Lage berücksichtigt werden. Deutsche Investitionen, auch in anderen Branchen, etwa der chemischen Industrie, seien dann gesichert, wenn sie hauptsächlich für andere Märkte produzieren und also keine deutschen Arbeitsplätze davon abhängen. China als Konjunkturmotor der Weltwirtschaft sei momentan nicht so richtig in Schwung, sagt Schnitzer – auch das ist einer der Gründe, warum Deutschlands Wirtschaft mehr Zeit braucht, um wieder stärker auf Touren zu kommen.

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Alfred Schmit