Weniger Förderanträge für Wärmepumpen: Experte sieht trotzdem keine Krise

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Jonathan Hadem
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Stefan Eich

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Die Wärmepumpe soll die Heizung der Zukunft sein - wirklich beliebt scheint sie aber nicht zu sein: Im ersten Halbjahr 2023 sind weniger als 50.000 Förderanträge dafür gestellt worden - das sind nicht einmal halb so viele wie im Vorjahreszeitraum. Gibt es also eine Wärmepumpen-Krise? Darüber hat SWR Aktuell-Moderator Jonathan Hadem mit Martin Pehnt gesprochen, er ist wissenschaftlicher Geschäftsführer des Instituts für Energie- und Umweltforschung Heidelberg.

SWR Aktuell: Warum ist die Nachfrage Ihrer Ansicht nach so stark zurückgegangen?

Martin Pehnt: Zunächst mal hat der Wärmepumpen-Markt im letzten Jahr ja auch wirklich ziemlich verrückt gespielt. Die Nachfrage hat sich durch die hohen Energiepreise, durch die Gaspreise, mehr als verdoppelt im Vergleich zum Vorjahr. Und deswegen ist eine gewisse Normalisierung jetzt durchaus auch in Ordnung. Dazu kommen Inflation, dazu kommen hohe Zinsen. Die Kunden sind natürlich auch verunsichert durch das Hin und Her beim Heizungsgesetz und bei der Förderlandschaft. Es ist einiges in Bewegung gewesen. Manche hoffen vielleicht auch auf günstigere Preise, weil die Hersteller auch massiv in Fertigungskapazitäten investiert haben. Es ist eine sehr unruhige Situation, und man sollte jetzt, glaube ich, ein bisschen die Kirche im Dorf lassen. Erst hat man sich beklagt, dass es überhitzt ist und man lange warten muss - jetzt bricht der Markt ein. Ich wünsche mir jetzt einfach erst mal ein bisschen Ruhe mit der Verabschiedung des Gesetzes und der neuen Förderung.

„Ganz wichtig ist, dass man nicht in Panik auf Erdgas und Heizöl setzt. Jetzt darf man keine falschen Entscheidungen treffen.“

SWR Aktuell: Wie viel führen Sie denn auf dieses Hin und Her beim Gebäudeenergiegesetz zurück? Hat das die Menschen so genervt, dass sie tatsächlich gesagt haben, „Okay, wir warten jetzt mit der Wärmepumpen-Bestellung“?

Pehnt: Ich glaube, dass das Hin und Her, die Verschiebung um mehrere Jahre und dann auch diese ganzen Optionen, die diskutiert wurden, schon sehr verunsichert hat. Ganz wichtig ist, dass man darauf hinweist, dass man jetzt nicht in Panik auf Erdgas und Heizölkessel setzt. Denn die werden immer teurer werden in Zukunft durch den CO2-Preis. Jetzt darf man keine falschen Entscheidungen treffen.

SWR Aktuell: Gleichzeitig lassen sich die Menschen offenbar wieder mehr Öl- und Gasthermen einbauen. Gibt es da belastbare Zahlen?

Pehnt: Die letzten Zahlen, die ich kenne, sind vom ersten Quartal. Die zeigen tatsächlich, dass die Anzahl der verkauften Gas- und Ölkessel angestiegen sind, allerdings auf deutlich niedrigerem Niveau - also nicht diese Verdopplung, die wir bei den Wärmepumpen gesehen haben. Das sind natürlich auch kurzfristige Effekte, vielleicht auch gewisse Trotzreaktionen oder auch eben Unsicherheit, die dazu führen. Wie gesagt: Ich glaube, wir müssen jetzt wirklich den langen Blick haben und die lange Perspektive einnehmen.

„Wärmewende muss einfacher werden.“

SWR Aktuell: Bundeswirtschaftsminister Habeck glaubt er hat diesen Blick. Er glaubt, wenn die vielen Aufträge für den Einbau neuer Wärmepumpen abgearbeitet sind, dann werden die Anträge wieder steigen. Sehen Sie das auch so?

Pehnt: Ja, ich glaube das schon. Wir wissen ganz sicher, dass wir von Erdgas und Heizöl wegkommen müssen. Und da ist die Wärmepumpe eben eine der guten Optionen für die Zukunft, natürlich zusammen mit anderen erneuerbaren Energien, vor allem auch mit Wärmenetzen - dort, wo das geht. Und ich glaube, was wir jetzt wirklich brauchen, ist, dass wir einfacher an diese Technologien rankommen: Dass wir Firmen bekommen, die Angebote machen für Heizung-Miete, für Internet-Dienstleister, bei denen man auf Knopfdruck eine Wärmepumpe bestellen kann, auch kommunale Wärme-GmbHs, damit die Wärmewende wirklich auch einfacher wird und nicht auf den Schultern der Gebäudeeigentümerin und Eigentümer ausgetragen wird. Wärmewende muss einfacher werden.

Heizungsbauer sind interessiert an Fortbildung für Wärmepumpentechnik

SWR Aktuell: Jetzt kann man die Wärmepumpe beantragen und bestellen, das heißt aber noch lange nicht, dass man auch einen Handwerker oder eine Handwerkerin findet, die einem die Anlage einbauen. Wie sieht es da in der Zukunft aus? Haben Sie das Gefühl, dass es da genügend Personal gibt, das diese ganzen Aufträge auch annehmen kann?

Pehnt: Ich glaube, dass sich auch da viel tut. Wir sehen beim Heizungshandwerk eine riesige Nachfrage nach Fortbildung für Wärmepumpen-Installation. Ich glaube, die nächsten ein bis zwei Jahre werden die schwierigsten werden, weil man sich erst einmal einstellen muss auf diese doch vergleichsweise neue Technologie. Das wird dann aber auch der Markt ein Stück weit richten. Wenn wir dieses „Tal der Tränen“ durchschritten haben, wird es mit den Jahren wieder einfacher werden. Es gibt auch viele Vereinfachung bei der Installation, sodass das Ganze schneller wird. Ich glaube, die Situation wird sich in den nächsten ein bis zwei Jahren verbessern.

"Einfache Installation, Plug and Play."

SWR Aktuell: Es wird sich aber jetzt nicht so entwickeln, dass es irgendwann einen Bausatz gibt, den ich tatsächlich einfach selbst zu Hause in meinen Keller einbauen kann - oder?

Pehnt: Letztendlich müssen wir natürlich schon hinkommen in Richtung vorgefertigter Module. Es ist jetzt schon eigentlich gar nicht so schwierig, eine Wärmepumpe im Einfamilienhaus zu installieren. Ich glaube, das brauchen wir vor allen Dingen auch für größere Gebäude. Für Mehrfamilienhäuser gibt es schon erste Produkte mit vorgefertigten Wärmepumpenmodulen. In den Niederlanden gibt es kleine Kästen, die man dann in den Garten stellt, die das Außengerät und weitere Komponenten der Wärmepumpe enthalten. Einfache Installation, vorgefertigtes Plug and Play, das ist eine wichtige Richtung.

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