KI auf dem Vormarsch: Steht die EU zu stark auf der Bremse?

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Arne Wiechern
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Andreas Böhnisch

Die EU bekommt ein KI-Gesetz. Kritiker befürchten zu viele Einschränkungen. Franziska Brantner, parlamentarische Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium, weist das zurück.

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Das Europaparlament in Straßburg hat grünes Licht für ein Gesetz zu Künstlicher Intelligenz geben. Künftig sollen KI- Systeme in verschiedene Risikogruppen eingeteilt werden. Je höher die potenziellen Gefahren einer Anwendung sind, desto höher sollen die Anforderungen sein. Die Hoffnung ist, dass die weltweit ersten Regeln Nachahmer finden.

Über das KI-Gesetz hat SWR Aktuell-Moderator Arne Wiechern mit Franziska Brantner (Grüne) gesprochen. Sie ist parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium und hat das Gesetz mit ausgehandelt.

SWR Aktuell: Wieviel Modellcharakter erhoffen Sie sich von dem Gesetz?

Franziska Brantner: Das europäische Gesetz ist das erste, das umfassend versucht, die Chancen der KI wirklich zu ermöglichen und gleichzeitig die Risiken zu beschränken. Auch andere Länder regulieren bereits Teilbereiche der KI: Das machen die USA, wenn es um den Arbeitsmarkt geht. Auch in China gibt es schon Gesetze, aber die haben natürlich eine andere Wertausrichtung als unser Gesetz. Von daher glaube ich, dass unseres an unseren demokratischen, freiheitlichen Grundwerten ausgerichtet ist. Das ist schon etwas Besonderes.

SWR Aktuell: Nun muss man ja in diesem Gesetz die Balance halten zwischen den Chancen und den Gefahren, die mit KI verbunden sind. Wie groß ist das Risiko, dass man zu weit geht oder eben nicht weit genug?

Brantner: Diese Balance war das Schwierigste in den Verhandlungen. Wir haben gemerkt, dass wir einerseits die großen Potenziale von KI zum Beispiel in der Medizin für eine bessere Krebsforschung unbedingt nutzen wollen. Gleichzeitig gibt es Anwendungen wie 'Social Scoring', wo man alle Daten und Menschen gezielt kategorisiert. Das ist etwas, was wir bei uns nicht wollen. Und am Ende kommt es sehr stark auf die Transparenz an. Menschen müssen wissen, was KI-produziert ist und was nicht.

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SWR Aktuell: Kritiker befürchten, dass die Vorgaben der Europäischen Union Innovationen abwürgen, und dass die EU hinter den KI-Pionieren USA und China stark zurückfallen könnte. Was halten Sie da entgegen?

Brantner: Wir haben den gesamten Bereich Forschung und Entwicklung von der Regulierung ausgenommen. Wenn es darum geht, Neues zu erproben, zu forschen, wird das nicht vom KI-Gesetz erfasst. Das ist schon mal ein Riesenbereich. Und dann geht es nach dem Risiko der Anwendungen.

Das ist auch richtig, dass dort, wo kein oder nur ein geringes Risiko vorhanden ist, es so gut wie keine Vorgaben gibt. Je höher jedoch das Risiko ist - zum Beispiel, wenn es um unsere Gesundheit geht oder wenn es darum geht, ob wir bei einer Bank noch Zugang zu Krediten bekommen - dann muss natürlich schon sichergestellt werden, dass hier durch KI nicht manipuliert oder diskriminiert wird. Sonst würde es uns am Ende alle hart treffen.

SWR Aktuell: Die KI-Regeln sollen erst im Jahre 2026 wirksam werden. Kritiker sagen jetzt schon, bis dahin könnten die Regeln wieder veraltet sein. Wie wahrscheinlich ist das Ihrer Einschätzung nach?

Brantner: Ich denke nicht, dass sie komplett veraltet sein werden. Aber genau diese Perspektive, dass sich der KI-Sektor extrem schnell entwickelt, haben wir im Gesetz schon verankert. Es muss immer 'State of the Art' sein. Es muss sich also an den Stand der neuesten Technik anpassen. Und das ist auch richtig. Deswegen bin ich zuversichtlich, dass das KI-Gesetz der EU auch in zwei Jahren oder in drei Jahren noch greifen wird. Wenn man irgendwann merkt, dass man es nochmal erneuern muss, wird man das bestimmt auch tun.

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