Passagiere stehen an einem Lufthansa-Service-Schalter am Flughafen München. Wegen des Verdi-Warnstreiks hat die Lufthansa nahezu ihren kompletten Flugplan abgesagt. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Peter Kneffel)

Auch wenn Ferienzeit ist

"Streik bei der Lufthansa muss jetzt sein"

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Tamara Land
Tamara Land, SWR Wirtschaftsredaktion (Foto: SWR, SWR)

Mitten in der Ferienzeit ist das Bodenpersonal der Lufthansa zu Warnstreiks aufgerufen worden. Da muss der Konzern jetzt durch, meint SWR Wirtschaftsredakteurin Tamara Land.

Das Unternehmen musste nach eigenen Angaben fast alle seine Flüge von und zu den Drehkreuzen Frankfurt und München streichen, mehr als 130.000 Passagiere sind davon betroffen. Zum Warnstreik aufgerufen hat die Gewerkschaft Ver.di.

"Bodenpersonal hat allen Grund zu streiken."

Angst vorm Fliegen hatte ich noch nie – bis zu diesem Sommer. Jetzt aber fürchte ich mich davor, mit Kind und Kegel stundenlang an der Sicherheitskontrolle zu stehen und dann doch den Flieger zu verpassen. Dazu kommt nun noch die Angst vor dem Streik – muss das wirklich sein, ausgerechnet jetzt?

Ja, es muss. So wenig das mir und all den anderen Passagieren passt, das Bodenpersonal hat allen Grund zu streiken.

"Löhne müssen deutlich steigen."

Die Argumente der Gewerkschaft sind schlüssig: Die Arbeitsbelastung ist enorm und die letzte Lohnerhöhung liegt drei Jahre zurück, danach war Krise angesagt. Und um diese zu bewältigen, haben auch die Beschäftigten ihren Beitrag geleistet und finanziell zurückgesteckt.

Jetzt, bei einer Inflation in Richtung acht Prozent, müssen auch die Löhne deutlich steigen, damit die Check-in-Mitarbeiter und Flugzeug-Techniker weiter ihre Mieten und Heizrechnungen bezahlen können.

"Vor allem am Personal in der Corona-Pandemie gespart."

Natürlich ist es mies, den Streik in die Hochsaison zu legen, obwohl ohnehin schon Personal an allen Ecken und Enden fehlt. Man könnte glatt von Erpressung sprechen. Aber dass die Lufthansa so erpressbar ist, hat sie – zumindest teilweise – selbst zu verantworten. Denn der Konzern hat in der Corona-Pandemie gespart, wo es nur ging, vor allem am Personal.

"Auch die Piloten fliegen an der Belastungsgrenze."

Mehr als 30.000 Beschäftigte haben Lufthansa verlassen – zum Teil gegen hohe Abfindungen. Zu viele, wie inzwischen auch Konzernchef Spohr eingeräumt hat. Zugegeben, nicht nur Lufthansa, die gesamte Branche hat sich verschätzt bei der Prognose, wann der Flugverkehr wieder anläuft und in der Krise zu viel Personal abgebaut. Und das baden jetzt die aus, die geblieben sind, mit Doppel- und Zusatzschichten an eigentlich freien Tagen.

Dabei sind die Bodenmitarbeiter nur der Anfang, auch die Piloten fliegen an der Belastungsgrenze und stimmen derzeit über unbefristete Streiks ab.

"Konditionen müssen verbessert werden."

Die Gewerkschaften wissen durchaus, wie gefährlich ihr Spiel ist. Denn auf dem Weg in den ersten Urlaub seit zwei Jahren dürften die wenigsten Fluggäste Verständnis für unbesetzte Schalter an der Gepäckaufgabe haben. 

Die Stimmung dürfte schnell kippen, darauf spekuliert vermutlich auch die Lufthansa. Am Ende ist die Rechnung aber trotzdem einfach: Wenn Lufthansa in dieser schwierigen Lage ihr Personal halten und sogar noch neues hinzugewinnen will, muss sie die Konditionen verbessern. Sie muss den Gewerkschaften entgegenkommen - noch weiter, als sie es bisher bereit ist. Und das am besten schnell.

Um den Neustart nach der Pandemie so gut es geht noch zu retten. Und damit Hunderttausende Passagiere im August in den Urlaub fliegen können – mit Kind und Kegel, aber ohne Angst.

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