Seit dem blamablen Neujahrsvideo von Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) grüble ich darüber, wie die Frau in das wichtige Amt kommen konnte. Meine vorläufige Antwort: Es hat weniger mit Christine Lambrecht als mit dem politischen System zu tun.
Opposition bringt charismatische Typen hervor
Charismatische Persönlichkeiten, das zeigt ein Blick in die Geschichte, kamen fast immer aus Parteien, die im Bund die Opposition stellten. Etwa bei der SPD Gerhard Schröder, bei den Grünen Joschka Fischer. Das gilt auch für politische Talente der Gegenwart – Annalena Baerbock, Robert Habeck (jeweils Grüne) und Christian Lindner (FDP). Ich möchte mich sogar zu der Behauptung versteigen, dass die Oppositionsbank Bedingung ist für neue, kreative Köpfe. Bei den Grünen erlebten wir ein politisches Dauer-Duell an der Spitze. Die FDP erteilte Christian Lindner eine Blanko-Vollmacht.
Parteien in der Opposition müssen aus purer Not über personelle Schatten springen, Regierungsparteien nicht. Personen in Spitzenämtern wollen so lange regieren wie möglich. Hierzu umgeben sie sich mit loyalen Frauen und Männern. Ein scharfer Verstand und emotionale Intelligenz gehören nicht zu den wichtigsten Kriterien. Die Union wurde am Ende ihrer langen Regierungszeit von blassen Figuren wie Annegret Kramp-Karrenbauer und Armin Laschet geführt. Auch die SPD konnte nach acht Regierungsjahren in der Großen Koalition mit Christine Lambrecht und Olaf Scholz nur noch Führungspersonal von der Stange stellen.
Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht personifiziert für mich eine Partei, die nach einem kräftezehrenden Mittwochsspiel samstags wieder auf den Platz musste. Auflaufen durfte, wer noch verfügbar war.