Zu sehen ist ein Moorgebiet, das Pfrunger-Burgweiler Ried bei Ostrach (Kreis Sigmaringen). Im Bild stehen mehrere Nadelbäume auf dem braunen Boden, im Hintergrund ist ein kleiner See zu erkennen. (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Tobias Kleinschmidt)

Folgen für Wald, Landwirtschaft und Gewässer

Regenreicher Winter in Baden-Württemberg - das "Ende der Dürre"?

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Nathalie Waldenspuhl
Nathalie Waldenspuhl ist Reporterin für Hörfunk, Online und Fernsehen beim SWR im Studio Tübingen. (Foto: SWR, Jochen Krumpe)

Es klingt erfreulich: Die Böden in Deutschland haben endlich wieder genügend Wasser. Die Dürre ist erst einmal überstanden. Aber was heißt das für die Forst- und Landwirtschaft in der Region?

Die Natur in Deutschland hat sich von der langen, extremen Trockenheit erholt. Nach dem vielen Regen in den letzten Monaten sei die Dürre in Deutschland eigentlich kein Problem mehr, hieß es am Dienstag vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ). In der Mitteilung prognostiziert das UFZ, dass das Jahr 2024 für die Wald-, Forst und Wasserwirtschaft "relativ entspannt" wird.

In den letzten Monaten hat es offenbar genügend geregnet. Die Regenmessstelle in Balingen-Heselwangen (Zollernalbkreis) verzeichnete rund 43 Prozent mehr Niederschlag als im dreißigjährigen Durchschnitt, berichtet das Landratsamt.

Grundwasser: Quellen sprudeln üppig

Durch den Regen steigen auch die Grundwasserwerte. An vielen Orten sei der Pegel derzeit so hoch, wie seit mindestens fünf Jahren nicht mehr. Weil der Boden schon im Herbst ausreichend mit Wasser versorgt war, konnte das Regenwasser in tiefere Schichten abfließen, so kam es relativ früh zur Grundwasserbildung, sagt Frank Wolters vom Landratsamt Tübingen. In trockenen Jahren passiere das erst im Frühjahr.

Darum sprudelt jetzt auch die Bronnbachquelle bei Rottenburg (Kreis Tübingen). Im Januar betrug die "Schüttung", also die Menge an Wasser, die aus der Quelle austritt, 760 Liter pro Sekunde. Das ist rund 39 Prozent mehr Wasser als der dreißigjährige Durchschnitt. Die Lage sei in ganz Baden-Württemberg überdurchschnittlich, sagt der Hydrologe Michael Wingering von der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW). Nicht nur Quellen würden mehr Wasser führen, auch Messstellen in der Nähe der Kinzig oder der Kocher seien gerade auf sehr hohem Niveau.

Von einem "Ende der Dürre" könne man aber nur mittelfristig sprechen, heißt es vom Amt für Umwelt und Abfallwirtschaft im Zollernalbkreis. Für die nächsten drei bis vier Monate seien die Wasserspeicher nun zwar aufgefüllt, langfristig sei aber keine Prognose möglich.

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In der Oberrheinischen Tiefebene gibt es viele Grundwasserseen mit Wasser aus Alpen, Schwarzwald und Vogesen. Wie entstehen sie eigentlich? Geografie ab Klasse 10.

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Nur kurzzeitiges Aufatmen in den Wäldern

Auch im Wald freut man sich erst einmal über den vielen Regen: "Die Böden sind gerade gut befeuchtet und das ist für die Bäume ein guter Start ins Frühjahr", sagt Sebastian Hein, Professor an der Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg. Bis in den April hinein haben sie jetzt genügend Reserven, um im Frühjahr zu blühen und erste Blätter auszutreiben. Auch gegen Schädlinge, etwa den Borkenkäfer, kommen Bäume besser an, wenn sie genügend Wasser abbekommen.

Aber die Erleichterung hält nur kurz an. "Im Frühsommer werden die Karten neu gemischt", so Hein weiter, "spätestens ab Juni ist der Wassertank leer und muss neu aufgefüllt werden." Und ob der Sommer genauso regenreich bleibt, ist fraglich. Noch immer gilt die Prognose, dass es im Sommer zu langen Trockenperioden kommen kann.

Für viele Bäume kommt die Hilfe zu spät

Dem schließt sich das Forstamt im Zollernalbkreis an: "Für uns wird relevant sein, wie lange die Wasservorräte im Boden reichen, bevor die Bäume wieder in Trockenstress kommen." Einige Bäume hätten durch die lange Trockenheit zum Teil schon starke Schäden erlitten, heißt es vom Kreisforstamt Freudenstadt. Ob sie sich davon erholen können, müsse sich noch zeigen.

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Landwirte haben mit feuchten Böden zu kämpfen

Für viele Landwirtinnen und Landwirte ist das Wetter gerade zu nass. Das Problem: Wenn der Boden feucht ist, können die Bauern mit den Maschinen nicht auf den Acker fahren und ihn schon gar nicht pflügen. "Sonst gibt es Strukturschäden im Boden und dann wachsen die Pflanzen nicht richtig", sagt der Landwirt Martin Lutz aus Ofterdingen (Kreis Tübingen).

Außerdem gefriert der Boden dieses Jahr nicht richtig, weil es zu warm ist. Auch deswegen könne man den Acker gerade nicht bearbeiten. Normalerweise, so Lutz, gibt es im Februar Bodenfrost. Der ist für die Bauern eine gute Gelegenheit, den Acker schonend zu pflügen.

Eigentlich ist es höchste Zeit für Lutz, den Hafer auszusäen. Jetzt muss er aber warten, bis die Äcker abgetrocknet sind. Das sei, wenn es nicht mehr regnet, frühestens am kommenden Mittwoch möglich. Wie sich die Lage im Sommer entwickeln wird, dazu kann er noch nichts sagen. Das Landwirtschaftsamt im Kreis Freudenstadt ordnet ein: Man sei eben vom "Regen zur rechten Zeit im erforderlichen Maß" abhängig.

Ist die Dürrezeit vorbei?

Auch wenn die Lage sich über die Winter- und Herbstmonate entspannt hat: Sie ist eine Momentaufnahme. Die Zeiten der Dürre sind nicht überwunden, da sind sich die Sachverständigen einig. Wie sich das Jahr für die Gewässer sowie Forst- und Landwirtschaft entwickelt, hängt von den Niederschlägen im Sommer ab. Und ob die kommen, kann jetzt noch keiner sagen.

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