Die Suche der Universität Tübingen nach 106 Hirnpräparaten von getöteten Kindern aus der NS-Zeit der "Sammlung Ostertag" endet erstmal ohne eindeutiges Ergebnis, wie die Uni mitteilte. Sie hatte das Grab, dass das Anatomische Institut von 1849 bis 1963 als Begräbnisstätte nutzte, das "Gräberfeld X" im März 2022 geöffnet, um menschliche Überreste zu entnehmen.
Befürchtung: undokumentierte Bestattung in Tübingen
Die internationale Forschungsgruppe befürchtete, dass die aus der NS-Zeit stammende Sammlung bei einer undokumentierten Bestattung im Gräberfeld X des Tübinger Stadtfriedhofs begraben wurde. Die gesuchte "Sammlung Ostertag" bestand laut Universität mutmaßlich aus sogenannten Hirnschnitten von 106 Kindern, die während des Zweiten Weltkriegs in einer Einrichtung für psychisch Kranke in Berlin-Wittenau ermordet worden waren.
Forschungsgruppe findet Labormaterial
Im März 2022 öffnete die Forschungsgruppe das Grab und entnahm vier Marmorbehältnisse. Darin fand sie eine Vielzahl von Organschnitten auf Glasträgern sowie Paraffinblöckchen - beides wird in der Labormedizin genutzt, um Gewebe unter dem Mikroskop zu untersuchen. Laut Mitteilung der Universität Tübingen lassen sich einige Präparate einzelnen medizinischen Sammlungen zuordnen, nicht aber der gesuchten "Sammlung Ostertag".
Die Sammlung ist nach dem Pathologen Berthold Ostertag benannt. Der Mediziner baute nach Kriegsende das Institut für Hirnforschung in Tübingen auf und leitete dieses bis 1964. Dort waren die sterblichen Überreste der Kinder dann verwahrt worden.
Beisetzung der Entnahmen auf der Friedhof in Tübingen
Die sterblichen Überreste von Opfern der NS-Gewaltherrschaft wurden am Donnerstag in Marmorbehältnissen auf dem Tübinger Friedhof erneut beigesetzt. An der kleinen Zeremonie nahmen Vertreter der Stadt und der Universität teil.