Die Stadt Tübingen wehrt sich gegen Tags und Graffitis von Sprayern. Sie bezuschusst die Entfernung der Werke und zahlt eine Belohnung gegen Hinweise. Oberbürgermeister Boris Palmer ist wütend. (Foto: SWR, Theresa Krampfl)

Kampf gegen Graffiti an Häusern

"All Graffiteers are Bastards" - Palmers Ärger wird immer größer

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Theresa Krampfl
Theresa Krampfl (Foto: SWR, Patricia Neligan)

Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer äußert sich Sprayern gegenüber immer radikaler. Er will die Graffiti aus der Stadt verbannen und setzt eine Belohnung für Hinweise aus. Aber bringt das etwas?

Boris Palmer (parteilos) postet immer wieder auf seinen Social Media-Kanälen zum Thema Graffiti an Häusern in Tübingen. Zuletzt schrieb er in einem Posting "AGAB (All Grafitteers are Bastards)" - eine Abwandlung des oft gesprühten "ACAB (All Cops are Bastards)".

Die aus seiner Sicht stumpfe Schmiererei sei nur Schikane und keine reale ernstzunehmende Kritik. Doch die Sprayer-Szene lacht darüber und antwortet an den Wänden mit ihren Tags und Graffitis auf Palmers Wut. Am Ende bleibt die Frage: Was bringt das alles?

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Stadt Tübingen: mehrere tausend Euro pro Jahr

Die Stadt Tübingen fördert Hausbesitzerinnen und -besitzer der Altstadt bei der Entfernung der Graffiti. Seit mehreren Jahren können diese bei der Stadt einen Antrag stellen, um sich die Kosten der Entfernung erstatten zu lassen. 2023 hat die Stadt dafür fast 30.000 Euro ausgegeben. Doch das zeigte laut Boris Palmer noch nicht die gewünschte Wirkung.

Deshalb habe die Stadt nun einen Maler eingestellt, der nur einmal die Genehmigung des Besitzers brauche und dann direkt überstreiche, sobald ein Graffiti aufgetragen wurde. Der Oberbürgermeister sagt, er wisse aus anderen Städten, dass die Sprayer dann irgendwann die Lust verlieren und mit sprühen aufhören würden. Das sei sein Ziel. In Pforzheim ist zum Beispiel ein Anti-Graffiti-Mobil unterwegs mit diversen Reinigungsgeräten.

Außerdem zahlt die Stadt seit Längerem Belohnungen an Menschen, die ihr Hinweise zu Sprayern geben. Einige Hinweise seien laut Palmer auch schon eingegangen, einer sei momentan aussichtsreich im Hinblick auf eine Bestrafung, so Palmer.

Boris Palmer kämpft gegen Graffiti in der historischen Altstadt Tübingen. Er hat einen Maler angestellt, der die denkmalgeschützten Häuser schnell überstreichen soll, sobald sie ein Graffiti auf sich tragen. Er hofft auf Erfolg. (Foto: SWR, Theresa Krampfl)
Hier zeigt Boris Palmer ein Beispiel, das er als Erfolg sieht. Der Hausmeister des Wilhelmsstifts überstreicht Graffiti sehr schnell, was laut Palmer dazu führt, dass weniger Sprayer ihr Kürzel hinterlassen.

Sprayer lachen über die Wut von Palmer

"Wir fanden das alle ziemlich witzig", sagt ein Sprayer der Tübinger Szene dem SWR und bezieht sich auf das "AGAB"-Posting des Oberbürgermeisters. Sowas treibe die Szene an, erst recht weiter zu machen. Sie reagiert auf das Posting in neuen Tags, die in der ganzen Stadt verteilt sind.

Der Sprayer, der unerkannt bleiben möchte, versteht nicht, warum das Thema Graffiti so groß ist. Es gehöre in einem freiheitlich demokratischen Land dazu, sagt er. Die Bemalungen spiegelten die Stimmung der Stadt oder eines Stadtteils wider, woran man ablesen könne, mit was sich die Leute beschäftigen, so der Sprayer.

Die Stadt Tübingen kann demnach zwar die Ausdrucksform der Szene bekämpfen, nicht jedoch die Gedanken dahinter. Im Interview mit dem SWR reagiert Palmer darauf mit Unverständnis: Die Tags in der Stadt seien reine Selbstbespiegelung. Das sei, als würde eine Katze ihr Revier markieren. Mit Ausdrucksform oder Kunst habe das nichts zu tun.

Grafitti auf einer Hauswand in der Tübinger Altstadt: "Boris AGAB". Die Stadt wehrt sich gegen Tags und Graffitis der Sprayer-Szene. Sie bezuschusst die Entfernung der Werke und zahlt Geld gegen Hinweise. (Foto: SWR, Theresa Krampfl)
"AGAB" steht für "All Grafitteers are Bastards". Auf Deutsch "Alle Sprayer sind Bastarde". Palmer hatte das auf seinen Social Media-Kanälen gepostet.

Warum das alles?

Boris Palmer möchte, dass die Sprayer Respekt vor Denkmalschutz zeigen. Sie könnten in seinen Augen auf eine Betonbrücke oder ähnliches sprühen. Er möchte, dass seine Stadt sauber aussieht - für die Bewohner und die Besucher. Sie sollen die Möglichkeit haben, das Denkmal mit seiner Historie auf sich wirken zu lassen.

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