Rechenmaschine von Schickard (Foto: SWR, Universität Tübingen)

Erfindung von Wilhelm Schickard

Wissenschaft aus Tübingen: 400 Jahre alte Rechenmaschine

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Peter Binder
Peter Binder ist Reporter für Hörfunk, Online und Fernsehen beim SWR im Studio Tübingen. (Foto: SWR, Jochen Krumpe)

Es gab ihn bereits vor 400 Jahren: den Computer. Der Tübinger Professor Wilhelm Schickard erfand eine Maschine, die alle Grundrechenarten kann. Sie ist der Vorläufer unseres PCs.

Professor Wilhelm Schickard erfand vor 400 Jahren eine Rechenmaschine. Aus heutiger Sicht ist das der Vorläufer unseres Computers. Der Wissenschaftler der Universität Tübingen stand im Austausch mit dem Astronomen Johannes Kepler. Damals schickte Schickard dem Astronomen einen Brief, in dem er dem Freund erklärte, er habe eine Maschine konstruiert, die komplizierte Multiplikationen, Additionen, Subtraktionen und Divisionen beherrsche.

Die Uni Tübingen hat am 14.09.2023 bei einem Festakt eine Sammlermünze und eine Sonderbriefmarke zu Ehren von Schickard präsentiert. Denn im Kleinen enthalte die Maschine bereits die wichtigsten Funktionen heutiger Computer.

"Das ist die erste Maschine, die rechnen kann, noch nicht programmgesteuert. Aber wir können die vier Grundrechenarten abbilden, und letztlich ist das das Herz der heutigen Computer auch."

Die beiden Maschinen, die Schickard im frühen 17. Jahrhundert nach seinen Plänen bauen ließ, haben den 30-jährigen Krieg nicht überdauert. Sie gerieten in Vergessenheit. Lange Zeit ging man davon aus, Blaise Pascal habe die erste mechanische Rechenmaschine gebaut.

Karin Pfeffer mit Schickards Skizze, hinten der Nachbau von Schickards Maschine (Foto: SWR, Peter Binder)
Karin Pfeffer mit Schickards Skizze vor der Rekonstruktion im Tübinger Stadtmuseum

Wiederentdeckung im 20. Jahrhundert

Auf die Maschine von Wilhelm Schickard wurde die Forschung erst wieder aufmerksam, als ein Historiker im 20. Jahrhundert den gesamten Briefwechsel des Astronomen Johannes Kepler sichtete: Dabei, erklärt Karin Pfeffer vom Tübinger Stadtmuseum, fand er eine hingeworfene Tintenskizze Schickards und eine ungefähre Beschreibung der Maschine.

"Das lässt sich so Hals über Kopf nicht schreiben; leichter wirst du es mit eignen Augen erkennen".

Der Historiker verkündete auf einer Tagung 1957, dass es so eine Maschine gegeben haben muss. Und erklärte dabei, es sei ungewiss, ob und wie sie funktioniert habe. Das wiederum ließ dem Tübinger Philosophen Bruno von Freytag-Löringhoff keine Ruhe. Nach zwei schlaflosen Nächten, wie er selbst schrieb, hatte er eine Idee, was Schickard mit seinen Skizzen und vagen Beschreibungen gemeint haben könnte. So ließ sich die Maschine rekonstruieren.

Das Geheimnis des Übertrags:  (Foto: SWR, Peter Binder)
Das Geheimnis des Übertrags: Ein Zahn am Rad ist etwas länger als die anderen.

Entscheidend dabei ist ein Mechanismus, bei dem eine volle Umdrehung eines Zahnrads nur zu einer Zehntel-Umdrehung eines angrenzenden Rades führt. So funktioniert der Übertrag "behalte Eins", beispielsweise bei Additionen. Vergleichbar ist der Mechanismus der Kilometeranzeige bei Autos - bevor sie digital wurden.

Wurzeln der Informatik liegen in Tübingen

Schickard gilt als eine Art "Schwäbischer Leonardo" und hat viele Erfindungen gemacht, die den Menschen das Leben erleichtern sollten. Rechnungen mit sehr großen Zahlen waren im frühen 17. Jahrhundert wichtig geworden. Schließlich wollte man Naturphänomene wie die Bewegung der Planeten vorhersagen, also vorausberechnen können.

Der Tübinger Informatik-Professor Oliver Bringmann kann sich gut vorstellen, dass Schickard, wenn er heute lebte, am Cyber Valley Tübingen forschen würde. Dank Schickard könne man sagen, dass die Wurzeln der Informatik in Tübingen liegen. Nach Wilhelm Schickard ist die Kaufmännische Schule "Wilhem-Schickard-Schule" benannt.

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