Verschiedene Mörtelquader, die wie Nougatstangen aussehen, sind schon getestet worden (Foto: SWR)

Ausflug ins Mittelalter bei Meßkirch

Mörtel wie im Mittelalter auf Klosterbaustelle Campus Galli

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Bald geht die Saison auf dem Campus Galli wieder los. Dann soll auch das erste Steinhaus gebaut werden. Mit Mörtel, der dem aus dem 9. Jahrhundert möglichst ähnlich sein soll.

Zwei Männer, eine Waage, verschieden große Töpfe und ein großes Rührgerät - auf den ersten Blick sieht es so aus, als ob Maurer Andreas Mutter, genannt Mutti, und Geschäftsführer Hannes Napierala zusammen Kuchen backen würden. Aber weit gefehlt. Hier wird kein Kuchenteig zusammen gemixt, sondern feinster mittelalterlicher Mörtel.

Sand, Kalk und Wasser sind die Grundzutaten des Mörtels. Am Ende schüttet Maurer Mutti noch etwas Metakaolin, ein Tonmineral dazu. Den natürlichen Baustoff gab es schon bei den alten Römern. In der Umgebung von Meßkirch (Kreis Sigmaringen) gibt es das Mineral allerdings nicht. Und darum soll der Mittelaltermörtel möglichst ohne Metakaolin auskommen. Denn das Ziel von Mutti und Napierala ist es, einen Mörtel zu finden, der so authentisch wie möglich ist. Und trotzdem muss er den modernen, heutigen baurechtlichen Anforderungen entsprechen.

Bevor der Mittelaltermörtel gemischt wird muss viel analysiert, getestet und besprochen werden (Foto: SWR)
Bevor der Mittelaltermörtel gemischt wird muss viel analysiert, getestet und besprochen werden

Ohne Luft hält der Mittelaltermörtel nicht

Die größte Herausforderung beim Herstellen von Mörtel aus dem 9. Jahrhundert: Der Mittelaltermörtel ist ein sogenannter Luftkalkmörtel. Das heißt, er wird nur hart, wenn Luft an den Baustoff kommt. Dazu braucht es Hohlräume oder Bohrungen, die aber können dazu führen, dass der Mörtel an Festigkeit verliert.

Die Suche nach dem besten Mittelaltermörtel ist deshalb ein jahrelanges, wissenschaftliches Experiment auf dem Campus Galli. Helfen sollen Mörtelproben aus alten Gebäuden, die schon analysiert wurden und bereits gemischter Mörtel, der im Labor genau untersucht wurde. Auf einem Zettel an der Werkstattwand hängt ein Auszug aus dem letzten Prüfbericht.

Aus Sand, Kalk, Wasser und etwas Metakaolin, einem Tonmineral, wird die Mörtelmasse zusammengemischt  (Foto: SWR)
Aus Sand, Kalk, Wasser und etwas Metakaolin, einem Tonmineral, wird die Mörtelmasse zusammengemischt

Langsames Herantasten an die richtige Mischung

Andreas Mutter und Hannes Napierala haben schon viele Mörtel zusammengemischt. Die Zusammensetzung immer wieder verändert. Eigentlich haben sie bereits eine Mischung gefunden, die im Labor funktioniert hat. Aber die Beiden sind ehrgeizig, wollen noch näher ans Original herankommen. Außerdem soll der Mörtel später auf der Klosterbaustelle so einfach wie möglich und so schnell wie es geht zusammengemischt werden können und das in großen Massen.

Maurer Mutti mischt die Mörtelmasse zusammen (Foto: SWR)
Maurer Mutti mischt die Mörtelmasse zusammen

"Deswegen würden wir gerne einen Mörtel hinkriegen, der so ähnlich ist wie das was sie auf der Reichenau verwendet haben, weil die Gebäude stehen heute noch aus karolingischer Zeit"

Experimentieren fordert die Mörtelmischer

Andreas Mutter ist gelernter Maurer. Vor seiner Zeit auf der mittelalterlichen Klosterbaustelle hat er auf "modernen" Baustellen gearbeitet mit modernen Geräten und Baustoffen. Früher hätte er einfach einen Zementsack aufgerissen und den Mörtel angemischt und später auf die Steine geklatscht, meint er mit einem Lächeln. Jetzt sieht er auch hinter die Kulissen, erkennt, was alles dahinter steckt. Das findet der Maurer spannend und interessant.

Wie beim Sandkuckenbacken

Der Mittelaltermörtel ist mittlerweile mit einer Bohrmaschine samt Quirl gut zusammengemixt. Noch einmal mischt Mutti die homogene, hellgraue Masse mit einer silbernen Kelle mit der Hand. Dann wird ein Teil davon in eine kleine Form gedrückt, die auf einem Holzbrett steht. Wie beim Sandkuchenbacken klopft Mutti die Masse anschließend aus der Form, hebt das Holzbrett leicht an und lässt es zehn Mal auf die Werkbank krachen. So soll die Standfestigkeit des Mörtels geprüft und geschaut werden, wie weit sich die Masse bei Erschütterungen ausbreitet.

Die Masse muss auch auf ihre Standfestigkeit geprüft werden (Foto: SWR)
Die Masse muss auch auf ihre Standfestigkeit geprüft werden

Nächstes Projekt: eine Mittelaltermörtelmaschine

Am Ende wird die Mörtelmasse mit der Kelle in exakt genormte Quaderformen gepresst, getrocknet und nach genau 28 Tagen im Labor auf Dichte, Druck- und Biegungsfestigkeit geprüft. Das sei ein aufwendiger Prozess, so Hannes Napierala. Im Mittelalter, meint er schmunzelnd, wäre man viel mehr nach Gefühl gegangen, der Meister hätte konkrete Anweisungen geben können. Dieses Wissen ist aber leider über die Jahrhunderte verloren gegangen. Quellen zu mittelalterlichem Mörtel gibt es fast keine.

Die fertige Mörtelmasse wird in exakt genormte Holzquader gefüllt (Foto: SWR)
Die fertige Mörtelmasse wird in exakt genormte Holzquader gefüllt

Bei den Recherchen in den Archiven haben die beiden aber etwas anderes gefunden: Informationen zu einer mittelalterlichen Mörtelmischmaschine. Die soll, wenn alles nach Plan läuft, bereits in dieser Campus Galli Saison gebaut werden. Und dann beim Bau des ersten Steinhauses auf dem Gelände, dem Nebengebäude des Abtes, den Handwerkern die Arbeit erleichtern.

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SWR