Im Herbst und Winter droht eine Energiekrise, auf die sich auch die Universitäten in Baden-Württemberg einstellen. Sie überlegen, wie Energie eingespart werden kann. Die Albert-Ludwigs-Universität Freiburg diskutiert unter anderem darüber, das Semester früher beginnen zu lassen.
Am Montagvormittag hatte sich der Senat der Universität zu einer Sondersitzung getroffen. Wie die Uni Freiburg auf SWR-Anfrage schriftlich mitteilte, wurden drei Arbeitsgruppen gebildet: für Forschung, Lehre und den Betrieb. Sie sollen sich mit der Frage auseinandersetzen, wie Energie eingespart werden kann. Bis voraussichtlich Ende Juli sollen erste Ergebnisse vorliegen, heißt es.
Möglichkeit: Semester vorziehen
Eine Option sei es, das Wintersemester vorzuziehen. Aus einer internen E-Mail, die dem SWR vorliegt, geht hervor, dass überlegt wird, das Wintersemester im September statt Oktober beginnen und an Weihnachten enden zu lassen - um im Januar und Februar die Lehrräume nicht beheizen zu müssen. Zu den konkreten Zeiträumen hat die Universität keine Stellung genommen, aber darauf verwiesen, dass Wirkung, Länge und rechtliche Grundlagen geprüft werden müssten. Weitere Einsparmöglichkeiten könnten Wärme- und Energieregulierungen in Forschungs- und Lehrräumen und bei Geräten sein sowie weitere mögliche Maßnahmen in der Forschung, heißt es in der Antwort. Gerade Kostensteigerungen, vor allem für Gas, könnten horrend ausfallen, so der Pressesprecher der Universität Freiburg, Bastian Strauch, gegenüber dem SWR. Momentan gehe man von einer Verdreifachung der Preise aus. Es könne aber sein, dass man von einer Verachtfachung oder einer Verzehnfachung der Preise ausgehen müsse.
Forschung unmittelbar betroffen
Sollte das Gas wirklich knapp werden, wäre auch die Forschung unmittelbar betroffen. Rechenzentren, Labore und ganze Großversuchseinrichtungen fressen zwar viel Strom, lassen sich aber nicht ohne weiteres abschalten. Einige Geräte und Labore kann man für eine gewisse Zeit abstellen, sagt Uni-Pressesprecher Bastian Strauch. Zugleich gebe es aber auch sensible Infrastrukturen, wie beispielsweise die Gefahrstoff-Lagerung, welche permanent auf eine Energiezufuhr angewiesen sei.
Alle Universitäten in Baden-Württemberg suchen nach Einsparmöglichkeiten
Nicht nur in Freiburg werden Möglichkeiten abgewogen, sondern auch in anderen Städten. Der Spielraum, Energie einzusparen, sei aber eng, so die Landesrektorenkonferenz. Denn nach zwei Jahren Pandemie sei es wichtig, dass die Studierenden wieder in Präsenz auf den Campus kommen könnten.
In einer Umfrage am Mittwochabend zeigen sich einige Studierende und Promovierende verunsichert und wünschen sich Planungssicherheit: "Als Promovierende müssen wir schon immer gucken, wo wir die Zeit zum Wissenschaft machen herkriegen und wo die Zeit zum Lehre machen ist", so eine Meinung. Eine Studentin verweist auf mögliche Folgen für Ferienjobs und Praktika, die "fristgerecht gemacht werden müssen oder die nur anerkannt werden, wenn sie in den Semesterferien stattfinden." Eine andere Studentin macht sich Gedanken um finanzielle Folgen: "Wer weiß, vielleicht steigen die Semesterbeiträge." Andere Studierende begrüßen die Vorschläge: Es sei eine Überlegung wert, vor allem in den kalten Wintermonaten könne man Energie sparen, so eine Studierende. Eine andere Studentin lobt das Vorhaben, da in der Gesellschaft aktuell mehr darauf geachtet würde. Sie findet gut, dass die Universität Freiburg hier voran geht.
Landesrektorenkonferenz: Mehrkosten von 50 Millionen Euro pro Jahr
Auch im Wissenschaftsministerium laufen die Vorbereitungen. "Wir wissen, dass die steigenden Energiekosten ein relevanter Faktor für die Universitäten sind", teilte Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) mit. Das Ministerium will das Thema in den Diskussionen über den nächsten Haushalt berücksichtigen.
Die Landesrektorenkonferenz hat sich mit dem Thema befasst und den Staat um Unterstützung gebeten, weil die steigenden Preise zu Mehrkosten für Energie in Höhe von über 50 Millionen Euro pro Jahr führen könnten. Die Universitäten stünden finanziell gesehen mit dem Rücken zur Wand, heißt es in einer Pressemitteilung vom Mittwoch.
Für das Gremium sagt der Mannheimer Rektor Thomas Puhl, die Lage sei prekär. Wenn die Gas-Notfallstufe ausgerufen wird, seien die Unis ohne staatliche Unterstützung nicht mehr handlungsfähig. Möglicherweise bleibt den Universitäten dann nichts anderes übrig, als Teile zu schließen. Das werde erhebliche Einschnitte in Forschung und Lehre bedeuten.