Forscher an der Uniklinik Freiburg versuchen bei der örtlichen Betäubung ohne Spritzen auszukommen  (Foto: SWR, Kevin Stachorowski )

Forschende haben neues Verfahren entwickelt

Uniklinik Freiburg: Schmerz mit Magneten bekämpfen

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Nadine Zeller
Nadine Zeller (Foto: Privat)

Forscher der Uniklinik Freiburg haben ein neues Verfahren entwickelt, das die örtliche Betäubung revolutionieren könnte. Dabei kommen sie ganz ohne Spritzen aus.

Schmerzen lindern mit elektromagnetischen Felder von Magneten – kann das funktionieren? Dieser Frage geht aktuell ein interdisziplinäres Forscherteam der Uniklinik Freiburg nach. Verschiedene Wissenschaftler - darunter Anästhesisten, Medizinphysiker und Mikrosystemtechniker - erforschen, wie elektromagnetische Felder Schmerzen während einer Operation ausschalten können. Es handelt sich um einen Ansatz, der die Anästhesie revolutionieren könnte.

Teilnarkose mit Hilfe von Magneten

Wollen Ärzte ein Körperteil gezielt betäuben, spritzen sie üblicherweise das jeweilige Schmerzmittel direkt in das Gewebe. In der Folge verspüren die Patienten keinen Schmerz mehr in der betroffenen Körperregion, sind jedoch noch bei Bewusstsein. Der Fachbegriff dieser umgangssprachlichen örtlichen Betäubung oder "Teilnarkose" lautet Regionalanästhesie.

Die Zahl der Betäubungen steigt

Pro Jahr nehmen Ärzte und Ärztinnen in deutschen Kliniken etwa 15 Millionen Anästhesien - Voll- und Teilnarkosen - vor. Die Zahl ist in den vergangenen Jahren stark angestiegen. Das haben Auswertungen von Daten des Statistischen Bundesamtes ergeben. 

Nachteile der Anästhesie mit der Spritze

Doch die Regionalanästhesie oder örtliche Betäubung mit der Spritze birgt auch Nachteile: Da es sich um einen medizinischen Eingriff handelt, kann es zu Komplikationen kommen. Allergische Reaktionen, Nervenschäden oder Infektionen könnten schlimmstenfalls drohen. Auch bei der Dosierung können Fehler auftreten: Spritzt der behandelnde Arzt zu wenig, spürt der Patient die Schmerzen während der Operation. Injiziert er zu viel, dauert es lange, bis das Gefühl in die betroffenen Körperregion zurückkehrt.
"All diese Nachteile haben Magneten nicht", sagt Nils Schallner, Oberarzt und Facharzt für Anästhesiologie an der Uniklinik Freiburg. Denn sie könnte man einfach an- und ausschalten, ein entscheidender Vorteil.

Forscher an der Uniklinik Freiburg versuchen bei der örtlichen Betäubung ohne Spritzen auszukommen  (Foto: SWR, Kevin Stachorowski )
Oberarzt und Anästhesist Nils Schallner erklärt einer Patientin, wie das neue Verfahren eingesetzt wird und welche Vorteile es hat.

Magnete können die Ärzte einfach von außen anlegen

Schallner verspricht sich viel von dem neuen Ansatz, den er und seine Kollegen verfolgen. "Wir können den Magneten einfach von außen an den Arm oder das Bein anlegen und so die Schmerzweiterleitung über die Nervenbahnen hemmen", sagt er.

Magnete wirken schneller und einfacher bei der Schmerzlinderung

Das funktioniere viel schneller und unkomplizierter als die herkömmliche örtliche Betäubung mit der Spritze. Bei letzterer müssten Ärzte zudem viel mehr Vorbereitungen treffen – Blutgerinnungstests, Allergieprüfungen, Vorbereitung des Anästhesieraums, Installation von Überwachungsgeräten. "Mit Magneten wäre das deutlich weniger Aufwand", sagt Oberarzt Schallner.

Noch offen wo Magnete zum Einsatz kommen können

Dennoch ist das neue Verfahren noch in der Entwicklung. Thomas Stieglitz, Leiter der Professur für Biomedizinische Mikrotechnik, sagt: "Wir wissen, dass elektromagnetische Felder den Schmerz hemmen können, jetzt geht es darum, den Einsatz der Magnete möglichst sicher, schonend und präzise zu gestalten." Übrigens der offizielle Name des innovativen Verfahrens lautet: Magnetisch induzierte Neuroinhibition und wird von der Carl-Zeiss-Stiftung mit knapp 750.000 Euro bezuschusst.

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