In Südbaden gehen täglich wertvolle Flächen für den Bau von Gewerbegebieten, Wohnanlagen und Straßen verloren.  (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Philipp von Ditfurth)

Flächenschutz-Volksantrag

Region Freiburg: Boden wird im Rekordtempo versiegelt

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Gabi Krings
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Jasmin Bergmann

In Freiburg und der Region gehen täglich wertvolle Flächen für den Bau von Gewerbegebieten, Wohnanlagen und Straßen verloren. Umweltgruppen und Bauern schlagen Alarm.

Die Priorität sei stets die Gleiche: Geht es ums Bauen stünden Umwelt- und Landschaftsschutz hinten an. Das kritisieren Naturschutz- und Bauernverbänden. Landesweit wurde laut Statistischem Landesamt 2021 täglich eine Fläche von 6,2 Hektar versiegelt - das entspricht knapp neun Fußballfeldern. Ein breites Bündnis aus 15 Naturschutz- und Bauernverbänden will deshalb in Baden-Württemberg einen Volksantrag zum Flächenschutz stellen. In Stuttgart hat die Aktionsgruppe den Antrag am Donnerstag vorgestellt.

Es wird mehr gebaut als früher

Das Bündnis kritisiert, dass die beiden letzten Generationen so viel neue Siedlungsfläche in Anspruch genommen hätten, wie alle 80 Generationen zuvor. Die Folgen seien gravierend: Breite Schnellstraßen würden Lebensräume seltener Tier- und Pflanzenarten zerschneiden. Asphalt und Beton für Bauen und Infrastrukturmaßnahmen würden fruchtbaren Ackerboden und wertvolle Wiesen vernichten.

In Südbaden gehen täglich wertvolle Flächen für den Bau von Gewerbegebieten, Wohnanlagen und Straßen verloren.  (Foto: SWR, Gabi Krings)
Auch in Südbaden wurden in den vergangenen Jahren immer mehr solcher Neubauten errichtet.

Flächen sind endlich

Der Flächenverlust sei eines der drängendsten Umweltprobleme der Zeit, sagt das Bündnis, zu dem auch der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) sowie der Badische Landwirtschaftliche Hauptverband (BLHV) gehören. Stefan Auchter, Geschäftsführer des BUND Südlicher Oberrhein, verweist auf das Ausmaß der Flächenversiegelung, das beim Wandern in höhergelegenen Gegenden von oben gut zu sehen sei: "Es gibt in der Rheinebene fast keine durchgehenden Grünflächen mehr. Man hat vielmehr durchgehende Siedlungsflächen, Gewerbegebiete und Verkehrsflächen." Dabei seien die Flächen endlich.

"Wenn wir mit einer endlichen Fläche so umgehen, wie wir das gerade tun, dann ist sie irgendwann komplett versiegelt und bebaut."

Ziel der Nullversiegelung in weiter Ferne

Baden-Württemberg wollte den Flächenverbrauch eigentlich eindämmen. Bis 2030 sollten pro Tag weniger als drei Hektar neue Flächen für Siedlung und Verkehr beansprucht werden. Bis 2035 wollte das Land gar die Netto-Null-Versiegelung erreichen. Doch trotz des verordneten sparsamen Umgangs mit Boden hat Auchter den Eindruck, dass aktuell genau das Gegenteil passiert. Vor allem im ländlichen Raum entstünden überall neue Gewerbegebiete, Wohnviertel und Straßen - auch in Südbaden. Tatsächlich werden landesweit täglich rund sechs Hektar Fläche versiegelt, mehr als doppelt so viel wie eigentlich beabsichtigt.

Versieglung schadet Landwirtschaft

Die ungebremste Versiegelung von Böden reduziere in drastischem Maße die Ackerbaufläche und treibe den Klimawandel voran, sagt Bernhard Bolkart, Präsident des BLHV in Freiburg. Immer mehr landwirtschaftliche Betriebe in Südbaden müssten sich aus diesem Grund die Existenzfrage stellen. Er fordert deshalb ein sofortiges Umdenken im Flächenverbrauch.

"Da gehen Existenzen verloren. Boden ist die Grundlage für die meisten landwirtschaftlichen Betriebe."

Vor allem dem Gewerbe wirft Bauernpräsident Bolkart vor, vermehrt ebenerdig, anstatt in die Höhe zu bauen. Außerdem ärgert ihn, das statt auf platzsparende Parkhäuser zu setzen, immer noch riesige Parkplätze der Standard seien.

Allianz von Naturschutz und Landwirtschaft

Bolkart ist froh, dass der Naturschutz und die Landwirtschaft in der Sache nun an einem Strang ziehen. Gemeinsam wolle man dafür kämpfen, dass die Flächenversiegelung gestoppt oder mindestens deutlich reduziert wird.

Das Bündnis aus 15 Naturschutz- und Bauernverbänden sammelt für einen Volksantrag zum Flächenschutz nun Unterschriften. 40.000 brauchen sie laut Stefan Auchter vom BUND Südlicher Oberrhein. Dann könnten sie die Landesregierung dazu zwingen, über den Flächenschutz zu diskutieren und ihn gesetzlich zu verankern. Nur so könne man den Flächenfraß aufhalten.

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