Der 95 Jahre alte Schriftsteller Martin Walser ("Ein fliehendes Pferd", "Ein sterbender Mann") hat dem Deutschen Literaturarchiv Marbach (DLA) am Sonntag offiziell seinen kompletten, sogenannten Vorlass überlassen. Seine Werke werden in der Institution auf der Schillerhöhe am Neckarufer künftig aufbewahrt, erschlossen und erforscht.
Bei der feierlichen Übergabe in Marbach (Kreis Ludwigsburg) lasen drei Schauspieler aus Walsers Werken: Seine Tochter Franziska, ihr Mann Edgar Selge sowie Walsers Enkel Jakob. Der Autor dankte für die Zusammenarbeit mit dem Archiv und seiner Direktorin Sandra Richter. "Sie ist im Laufe der Zeit viel wichtiger für mich geworden, als sie weiß", sagte er. Auf den Tag der Übergabe habe er lang gewartet. Bereits 2004 hatte der Schriftsteller versprochen, dass das DLA seinen Vorlass zu Erforschung bekommt, drei Jahre später übergab er erste Dokumente.
Für die DLA-Direktorin Richter ist Walsers Archiv "die ganze Fülle eines über 60 Jahre währenden Autorenlebens". Der Schriftsteller aus Überlingen am Bodensee sei ein streitbarer Chronist der Bundesrepublik und ihrer Gesellschaft, seine Dokumente eine ganz außergewöhnliche Quelle für Literatur- und Zeitgeschichte, sagte Richter aus Anlass der Übergabe.

Auch Tagebücher Teil des Vorlasses
Neben den nahezu lückenlos überlieferten Entwürfen und Manuskripten seiner zahlreichen erzählerischen, dramatischen und essayistischen Werke und Übersetzungen hat das DLA nach eigenen Angaben auch 75 Tagebücher erworben, die Walser seit 1958 führe. Die Tagebücher sind bisher nur in Teilen ediert worden und eine wesentliche Quelle für Leben und Werk.
Außerdem beinhaltet der Vorlass Briefwechsel mit Literaten und Verlegern wie Alfred Andersch, Ingeborg Bachmann, Heinrich Böll, Jürgen Habermas, Hans Werner Richter, Arno Schmidt, Rudolf Augstein und Siegfried Unseld. Die Schreiben dokumentieren Walsers Arbeit beim Süddeutschen Rundfunk, seine Beteiligung an der Gruppe 47 und seine Verbindung zu den Verlagen Suhrkamp und Rowohlt.
So berichtete der SWR über das Leben von Martin Walser:
Über 75.000 handschriftliche Seiten
Von einem Vorlass wie in diesem Fall spricht man, wenn Archivalien schon zu Lebzeiten zur Verfügung gestellt werden. Insgesamt umfasst der Vorlass Walsers laut Literaturarchiv rund 75.000 handschriftliche Seiten. Hinzu komme seine Privat- und Arbeitsbibliothek mit über 7.800 Bänden. Walser stammt aus Wasserburg und lebt in Überlingen am Bodensee.